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Abberufung eines Vorstandsmitglieds wegen Vertrauensentzugs durch die Hauptversammlung
Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft kann gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG nur dann durch den Aufsichtsrat widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist, dass die Hauptversammlung dem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzogen hat - es sei denn, das erfolgte aus offenbar unsachlichen Gründen. Der BGH hat jüngst den weiten Spielraum der Hauptversammlung für den Vertrauensentzug bestätigt.
Die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH kann jederzeit ohne Grund gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG durch die Gesellschafterversammlung widerrufen werden. Demgegenüber bedarf der Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft durch den hierfür zuständigen Aufsichtsrat gemäß § 84 Abs. 3 AktG eines wichtigen Grundes, der auch durch Vertrauensentzug der Hauptversammlung erfüllt sein kann. Durch Urteil vom 15.11.2016, Az.: II ZR 217/15, DB 2017, 234 mit Anm. Arnold DB 2017, 598 hat der BGH frühere Rechtsprechung bestätigt, nach der an die Voraussetzungen für den Vertrauensentzug keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Schon nach dem Gesetzeswortlaut stellt der Vertrauensentzug nur dann keinen wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung dar, wenn das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen wird. Das ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht schon dann der Fall, wenn sich die Gründe für den Vertrauensentzug als nicht zutreffend erweisen. Es reicht also aus, wenn die Hauptversammlung ohne Willkür davon ausgehen durfte, dass sachliche Gründe für einen Vertrauensentzug vorlagen. Dieser setzt im Übrigen weder eine Pflichtwidrigkeit oder ein Verschulden des Vorstandsmitglieds noch einen durch ihn begründeten wichtigen Grund für den Vertrauensentzug voraus. Der Hauptversammlungsbeschluss braucht nicht begründet zu werden. Das Gesetz sieht nämlich nicht vor, dass das Vorstandsmitglied die Begründung für den Vertrauensentzug sachlich überprüfen lassen kann. Stattdessen beschließt der Aufsichtsrat in eigener Verantwortung, ob er nach einem Vertrauensentzug der Hauptversammlung die Bestellung widerruft. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob offenbar unsachliche Gründe für den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung vorliegen. Die Anhörung des Vorstandsmitglieds ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Widerrufs. Will sich das Vorstandsmitglied gegen seine Abberufung zur Wehr setzen, trägt es die Beweislast dafür, dass der Widerruf der Bestellung durch den Aufsichtsrat aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt ist. Diese Grundsätze gelten nach dem BGH auch, wenn nur ein einzelner Aktionär vorhanden ist, also eine Ein-Mann-AG besteht. Das wurde in der Vergangenheit im Schrifttum häufiger angezweifelt. Aufgrund dieser Rechtsprechung wird die Rechtslage gerade bei Gesellschaften mit Alleinaktionären oder einem überschaubaren Aktionärskreis stark an die Situation bei der GmbH angenähert.
Von der Vorstandsbestellung zu unterscheiden ist die Wirksamkeit des Anstellungsvertrages des Vorstandes. Dieser ist unabhängig vom Widerruf der Bestellung gesondert unter Einhaltung der vereinbarten, mindestens aber gesetzlichen (§ 622 BGB) Kündigungsfristen zu beenden. Der BGH hat es aber auch insoweit für zulässig gehalten, die Beendigung des Anstellungsvertrages an den Zeitpunkt des Widerrufs der Bestellung zum Vorstandsmitglied zu koppeln, solange nur die Einhaltung der Mindestkündigungsfrist des § 622 BGB gewährleistet ist, vgl. BGH, Urteil vom 29.05.1989, Az.: II ZR 220/88, DB 1989, 1865.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/17
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