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Außerordentliche Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen möglich?
Das Bundesarbeitsgericht hat in Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung die Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit als möglichen Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung bestätigt und dabei häufige Kurzerkrankungen als Dauertatbestand qualifiziert.
Die Klägerin war seit dem Jahr 2000 wegen unterschiedlicher Erkrankungen wiederholt arbeitsunfähig, zuletzt vom 16.11. bis zum 19.12.2011. Sie hat sich wiederholt beim Personalärztlichen Dienst der Arbeitgeberin vorgestellt, der ihr stets eine positive Prognose attestierte. Am 16.12.2011 beantragte die Arbeitgeberin beim Personalrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 23.01.2014, Az.: 2 AZR 582/13, mit der Frage beschäftigen müssen, wann die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt und in diesem Zusammenhang klargestellt, dass häufige Kurzerkrankungen einen Dauertatbestand darstellen, der beginnt, wenn die aufgetretenen Kurzerkrankungen zum ersten Mal die Annahme rechtfertigt, der Arbeitnehmer sei dauerhaft krankheitsanfällig und endet, wenn die zurückliegenden Erkrankungen die betreffende negative Prognose nicht mehr stützt. Das Ende des Tatbestandes tritt deshalb nicht schon mit dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit ein.
Dabei hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, dass, die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB auch im Falle einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist gelte. Da der Arbeitnehmer in den Fällen häufiger Kurzerkrankungen typischerweise über einen längeren Zeitraum hinweg teilweise gesund, teilweise arbeitsunfähig erkrankt sei, komme es für die Wahrung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung - zufällig - arbeitsunfähig war. Maßgebend sei vielmehr allein, ob der Kündigungsgrund - die auf der fortbestehenden Krankheitsanfälligkeit beruhende negative Prognose sowie die sich daraus ergebende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen - noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung fortbestanden habe. Eine Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit stehe dem zwangsläufig nicht entgegen. Im streitgegenständlichen Fall sah es das Gericht als noch nicht erwiesen an, dass der Kündigungsgrund - eine berechtigte negative Prognose - noch bis zwei Wochen vor Zugang der Kündigung vorgelegen hat.
Das Bundesarbeitsgericht hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen könne. Grundsätzlich sei dem Arbeitgeber aber die Einhaltung der Kündigungsfrist zuzumuten. Bereits an eine ordentliche Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit sei ein strenger Maßstab anzulegen. Eine außerordentliche Kündigung komme daher nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn die ordentliche Kündigung, wie im streitgegenständlichen Fall, aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen ausgeschlossen sei. Für die Wirksamkeit einer auf häufige Kurzerkrankungen gestützte, ordentliche Kündigung sei eine negative Gesundheitsprognose erforderlich. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung sprechen. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 08.11.2007 - 2 AZR 292/06) hält dabei eine Fehlzeit von 6 Wochen im Durchschnitt in den letzten 3 Jahren für unerheblich; die Instanzgerichte halten eine Abwesenheitsquote ab 25% für einen "kritischen Wert".
Bei einer außerordentlichen Kündigung sei diese Prüfung noch erheblich strenger. Die prognostizierten Fehlzeiten und die sich aus ihnen ergebende Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen müssen deutlich über das Maß hinausgehen, welches eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen vermöchte. Es bedürfe eines gravierenden Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, wenn zu erwarten steht, dass der Arbeitgeber bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - ggf. über Jahre hinweg - erhebliche Entgeltzahlungen zu erbringen hätte, ohne dass dem eine nennenswerte Arbeitsleistung gegenüberstände (BAG 12.01. 2006 - 2 AZR 242/05). Auch können Häufigkeit und Dauer der krankheitsbedingten Fehlzeiten im Einzelfall dazu führen, dass ein Einsatz des Arbeitnehmers nicht mehr sinnvoll und verlässlich geplant werden könne (BAG 18.01. 2001 - 2 AZR 616/99). Die Aufrechterhaltung eines solchermaßen "sinnentleerten" Arbeitsverhältnisses könne dem Arbeitgeber auch im Falle eines ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmers unzumutbar sein. Und gerade an dieser Stelle setzte das Bundesarbeitsgericht beim streitgegenständlichen Fall an und stellte fest, dass der Arbeitgeber nicht nachgewiesen habe, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar sei. Dabei hat das Gericht die Tatsache, dass der Arbeitgeber über zehn Jahre die häufigen Kurzerkrankungen hingenommen hat, gerade als Indiz für das Gegenteil gewertet.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 9/14
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