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    Bauträger bei der Umsatzsteuer aufgepasst! Zunehmende Klarheit bei der Rechtslage der Altfälle nach § 13b UStG

    Es war wie ein warmer Sommerregen: Im Sommer des Jahres 2013 erklärte der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 23.08.2013, Az.: V R 37/10) die Praxis der Finanzverwaltung für unrechtmäßig, für Bauträger, die selbst keine Bauleistungen erbringen, die Umsatzsteuerregelung des § 13b UStG zur Anwendung zu bringen. Nach dieser Vorschrift schulden die Empfänger die auf erbrachte Bauleistungen entfallende Umsatzsteuer anstelle der die Leistung erbringenden Unternehmer, wie es dem Normalfall im Umsatzsteuerecht entspricht. Das Urteil des BFH erlaubte den Bauträgern den Antrag auf Erstattung der jahrelang selbst gezahlten Umsatzsteuer. Die Finanzverwaltung konterte mit Gegenansprüchen, die sie sich nach der Übergangsregelung des § 27 Ziffer 19 UStG von den leistenden Bauunternehmern hatte abtreten lassen. Dies führte zu einer Reihe gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die inzwischen vorliegende Rechtsprechung hat für etwas mehr Klarheit der Rechtslage gesorgt (vgl. Newsletter 3/2016).

    Die meisten Bauunternehmer hatten mit den Bauträger-Unternehmen Nettopreis-Abreden getroffen, nach denen sie nur Nettovergütungen erhielten, während die Bauträger die hierauf geschuldete Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldeten und zahlten. Nachdem der BFH dies als unrechtmäßig bezeichnet hatte, argumentierte die Finanzverwaltung, die leistenden Unternehmer hätten Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Umsatzsteuer, die sie mit korrigierten Rechnungen geltend machen konnten. Die vom Gesetzgeber ins Gesetz eingeführte Übergangsregelung des § 27 Ziffer 19 UStG erlaubt den leistenden Bauunternehmern die Abtretung ihrer aus den korrigierten Rechnungen resultierenden Ansprüche an die Finanzverwaltung. Damit werden sie selbst von der nachträglich angeordneten Umsatzsteuerschuld befreit. Viele Bauträger argumentierten demgegenüber, solche Nachforderungsansprüche bestünden nicht, die Werkunternehmer hätten keinen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Umsatzsteuer. Die Nettoabrede bedeute, dass die Umsatzsteuerschuld alleine Sache der Bauträger sei. Stelle sich heraus, dass der Bauträger nicht umsatzsteuerpflichtig ist, berechtige das die leistenden Werkunternehmer nicht, weitere Forderungen zu stellen.

    Über diese Frage waren und sind noch Rechtstreite sowohl bei Zivil- als auch bei Finanzgerichten anhängig. Soweit die Finanzverwaltung allein aus abgetretenem Recht gegen die Bauträger vorgehen konnte, ohne z.B. mit Steuererstattungsansprüchen verrechnen zu können, musste sie den Zivilrechtsweg beschreiten. Aber auch einige Finanzgerichte haben die Klärung der zivilrechtlichen Ansprüche an die Zivilgerichte verwiesen, wenn die Finanzverwaltung mit Steuererstattungsansprüchen aufgerechnet und entsprechende Abrechnungsbescheide erlassen hatte, die die Bauträger beim Finanzgericht angegriffen hatten. Deshalb liegt inzwischen Rechtsprechung sowohl der Zivil- als auch der Finanzgerichte vor.

    Einige Zivilgerichte haben der Argumentation der Bauträger recht gegeben. So waren insbesondere das LG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2016, Az.: 33 O 86/15 und das LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.02.2017, Az.: 1 O 6307/16, der Auffassung, bei klaren Nettovergütungsvereinbarungen sei die nachträgliche Berechnung von Umsatzsteuer nicht möglich.

    Die überwiegende Zahl der mit diesen Fragen befassten Zivilgerichte haben eine ergänzende Vertragsauslegung oder einen Vertragsergänzungsanspruch jedoch bejaht, vgl. z.B. LG Köln, Urteil vom 30.10.2015, Az.: 7 O 103/15, LG Bonn, Urteil vom 20.07.2016, Az.: 1 O 12/16 und OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2017, Az.: I-23 U 23/16 (das das soeben zitierte Urteil des LG Düsseldorf vom 05.02.2016 aufgehoben hat).

    Die Finanzgerichte waren überwiegend der Meinung, dass in der Regel solche Ansprüche bestehen, vgl. insbesondere BFH, Urteil vom 23.02.2017, Az.: VR 16/16. Es wurden jedoch auch Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der Übergangsregelung in § 27 Ziffer 19 UStG laut, die zivilrechtlich durchaus einem Anspruch entgegenstehen kann, vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.07.2015, Az.: 16 V 135/15.

    In jedem Fall sind die konkreten Vereinbarungen zwischen Bauunternehmer und Bauträger im Einzelfall zu prüfen, eine Automatik des Bestehens von Ansprüchen gibt es nicht. Zu prüfen ist auch, ob und inwieweit dem Bauträger Gegenansprüche – etwa aus Gewährleistung – zustehen.

    Problematisch ist auch die Verjährung eventueller Ansprüche der Bauunternehmer, die nach Ablauf von drei Jahren eintritt. Fraglich ist insbesondere, wann der Lauf der Verjährungsfrist beginnt. Hierfür ist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis des Bauunternehmers von den anspruchsbegründenden Umständen erforderlich. Insoweit könnte auf den Zeitpunkt abgestellt werden, zu dem der Bauträger den Anspruch auf Erstattung von Umsatzsteuer stellt, wie einige Zivilgerichte meinen, z.B. LG Köln, Urteil vom 30.10.2015, Az.: 7 O 103/15. Richtiger ist es – auch nach Meinung von Vertretern der Finanzverwaltung - gerade bei Nettoabreden jedoch, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem erkennbar wurde, dass ergänzende Zahlungsansprüche in Betracht kommen. Dies war spätestens mit Erlass des Urteils des BFH vom 23.08.2013 der Fall, so dass Ansprüche verjährt sind, sofern sie nicht vor dem 31.12.2016 seitens der Finanzverwaltung geltend gemacht wurden. Auch eine frühere Verjährung kommt bei abgetretenen Forderungen in Betracht. Hier ist vieles streitig, die komplexen Themen sollten im Falle der Inanspruchnahme mit einem geeigneten Berater erörtert werden.

    Dr. Jürgen Hoffmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/18

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