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    Begrenzung der Kommanditisten-Nachhaftung

    Während die Niedrigzinspolitik der EZB unverändert fortgeführt wird, ist die Beteiligung an Publikumsgesellschaften eine der zahlreichen Möglichkeiten, sein Geld gewinnbringender anzulegen anstatt es auf dem Sparkonto zu belassen. Publikumsgesellschaften sind häufig in der Rechtsform der GmbH & Co KG organisiert. Hierbei handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, also eine Personenhandelsgesellschaft, deren persönlich haftender Gesellschafter eine GmbH ist. Die Investoren der Gesellschaft sind an der Gesellschaft als Kommanditisten beteiligt. Nach Leistung ihrer Einlage können sie so am Gewinn der Gesellschaft teilhaben, ohne sich im Falle eines Scheiterns des Unternehmens persönlichen Haftungsrisiken ausgesetzt zu sehen. Mit seinem Urteil vom 4.5.2021 (Az.: II ZR 38/20) hat der BGH die Haftungsbeschränkung der Kommanditisten im Falle einer nachträglichen Herabsetzung der Haftungssumme gestärkt.

    In dem vom BGH entschiedenen Fall war der Gegenstand des Unternehmens der Publikumsgesellschaft der Betrieb eines Containerschiffs. Die Beklagte Kommanditistin bzw. ihr Rechtsvorgänger war mit einer Haftsumme von ursprünglich 500.000 EUR im Handelsregister eingetragen.

    Der Rechtsvorgänger der Beklagten erhielt in den Jahren 2006 und 2007 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 90.000 EUR, obwohl – wie der Kläger behauptet – die Kapitalkonten schon im Jahr der Gründung auf einen Beitrag unter der jeweiligen Haftungssumme gemindert gewesen seien. Am 14. Dezember 2012 fasste die Gesellschaft den Beschluss, die Haftsummen der Kommanditisten auf 10 % des geminderten Betrages herabzusenken, für die Beklagte somit auf 41.000 EUR. Die Herabsenkung der Haftsumme wurde am 16. Juli 2013 in das Handelsregister eingetragen. Der Beschluss erfolgte im Rahmen von Sanierungsgesprächen, in die alle wichtigen Gläubiger der Gesellschaft einbezogen waren. Diese hatten daher auch im Dezember 2012 Kenntnis von der Herabsetzung der Haftungssummen.

    Später musste die Gesellschaft Insolvenz anmelden. Der Insolvenzverwalter machte am 29. März 2018 im Namen zweier Gesellschaftsgläubiger Ansprüche gegen die Beklagte aus wiederaufgelebter Außenhaftung nach den §§ 171 Abs. 1 1. Hs, 172 Abs. 4, 171 Abs. 2 HGB in Höhe von 90.000 EUR zzgl. außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten klageweise geltend.

    Das Landgericht hat der Klage zunächst stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Der BGH hat sich mit seinem Urteil vom 4.5.2021 die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Wesentlichen bestätigt.

    Der BGH ließ es dahinstehen, ob die haftungsbegründenden Voraussetzungen der §§ 171 Abs. 1 1. Hs., 172 Abs. 4 HBG im vorliegenden Fall erfüllt sind. Jedenfalls sei die Außenhaftung in entsprechender Anwendung des § 160 HBG mit Ablauf des 31.12.2017 erlöschen.

    Zwar gelte § 160 HBG nach seinem Wortlaut nur für das vollständige Ausscheiden eines Gesellschafters. Die Herabsetzung der Haftungssumme eines Kommanditisten wertete der BGH als Teilausscheiden eines Gesellschafters. Jemand der teilweise ausscheide, dürfe nicht schlechter stehen, als jemand der vollständig ausscheide. Dieses Ergebnis wurde auch von der Revision nicht in Frage gestellt.

    Jedoch wandte sich die Revision gegen den vom Oberlandesgericht angesetzten Beginn der 5-jährigen Nachhaftungsfrist des § 160 HBG. Anders als vom Oberlandesgericht entschieden, beginne die Frist erst mit der Eintragung der Herabsetzung ins Handelsregister zu laufen. Dies ergebe sich aus §§ 160 Abs. 1 S.2, 174 1. Hs. HBG.

    Dem ist der BGH nicht gefolgt. § 160 Abs. 1 S.2 HBG sei dahin zu verstehen, dass die Frist spätestens mit der Eintragung der Herabsetzung ins Handelsregister zu laufen beginne. Dies ergebe zum einen mit einem Vergleich dem Nachhaftungsbeginn bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Auch auf diese finde die Nachhaftungsbegrenzung des § 160 HBG über § 736 Abs. 2 BGB Anwendung. Da das Ausscheiden nicht ins Handelsregister einzutragen sei, könne nur an die Kenntnis der Gläubiger der Gesellschaft angeknüpft werden. Der Gesetzgeber habe durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz eine Gleichbehandlung aller Personengesellschaften erreichen wollen. Somit dürfte der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft nicht schlechter gestellt werden als der Gesellschafter einer GbR. Auch § 176 Abs.1 S.1 HBG lasse sich die gesetzgeberische Wertung entnehmen, dass der Gläubiger auch ohne Eintragung im Handelsregister bei positiver Kenntnis nicht schutzwürdig sei.

    Auch den Einwand der Revision, § 174 Hs.1 HBG stehe der Anknüpfung an die Kenntnis der Gläubiger entgegen, wies der BGH ab. § 174 Hs. 1 HBG gelte nur für Neugläubiger der Gesellschaft. Altgläubiger müssten sich nach § 174 Hs.2 HBG eine nachträgliche Herabsenkung der Haftsumme ohnehin nicht vorhalten lassen. Für eine Begrenzung der Nachhaftung aus § 174 Hs.2 HBG sei somit ausschließlich § 160 HGB maßgeblich.

    Weiter entschied der BGH, dass die Enthaftungsnorm des § 160 HBG über § 217 BGB auch auf die Nebenforderung (hier in Form von Rechtsanwaltskosten) entspreche Anwendung finde. Zwar sei § 160 HBG keine Verjährungsvorschrift, sondern eine Ausschlussfrist. Es sei allerdings mit dem Zweck des § 160 HBG unvereinbar, wenn sich ein ausgeschiedener Gesellschafter nicht mehr mit der Hauptforderung, sondern mit Nebenforderung ausgesetzt sehe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass § 160 Abs. 1 S.3 HBG zwar auf einige Verjährungsvorschriften, nicht auf aber § 217 HBG verweise. Dort gehe es nur um die Hemmung der Ausschlussfrist. Über die weiteren Rechtsfolgen sei damit aber keine Aussage verbunden.

    Mit seiner Entscheidung hat der BGH einige wichtige Weichenstellungen im Recht der Personenhandelsgesellschaften getroffen. So verwundert es nicht, dass die Entscheidung zum Abdruck in den beiden amtlichen Entscheidungssammlungen BGHZ und BGHR vorgesehen ist. Obwohl die grundsätzliche Anwendung des § 160 HBG auf die Herabsetzung der Haftungssumme in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und der Literatur einhellig bejaht wurde, hat der BGH durch seine Entscheidung zur Rechtssicherheit beigetragen.

    Demgegenüber wurde der Beginn der Nachhaftungsfrist für die Herabsetzung der Haftungssumme nicht einheitlich beurteilt. In der Sache überzeugen die Ausführungen des BGH. Gerade die Gleichbehandlung der Personengesellschaften ist vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Identität der Personengesellschaften nur konsequent. Die Überlegung, dass ein Gläubiger bei positiver Kenntnis trotz nicht erfolgter oder anderslautender Handelsregistereintragung nicht schutzwürdig ist, findet ihre Stütze nicht nur im vom BGH ausdrücklich herangezogenen § 176 Abs. 1 S.1 HBG, sondern beispielsweise auch in den §§ 15 Abs.1, Abs.3 oder § 25 Abs. 2 HBG.

    Dr. Thomas Heidel

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/21

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