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BGH: Haftung des GmbH-Geschäftsführers für mittelbare Insolvenzverursachung
Nach § 64 S. 3 GmbHG haftet der GmbH-Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit der GmbH führen. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist umstritten; die instanzgerichtliche Rechtsprechung widersprüchlich. Eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs schafft in Teilbereichen Klarheit, begründet aber auch neue Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer.
Den Geschäftsführer einer GmbH trifft seit jeher eine Ersatzpflicht für Zahlungen der Gesellschaft, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Feststellung der Überschuldung geleistet werden (vgl. § 64 S. 1 GmbHG). Zusätzlich ordnet die im Jahr 2008 durch das MoMiG neu geschaffene Vorschrift des § 64 S. 3 GmbHG eine zeitlich vorgelagerte Ersatzpflicht für Zahlungen an, die zur Zahlungsunfähigkeit führen mussten, sofern die Zahlung an einen Gesellschafter erfolgt. Für Zahlungen an andere Personen gilt § 64 S. 3 GmbHG nicht.
Die Entscheidung des BGH vom 9. Oktober 2012, Az.: II ZR 298/11, betraf nicht unmittelbar die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 S. 3 GmbHG, sondern sozusagen deren Kehrseite: Die beklagte GmbH verweigerte die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens mit der Begründung, sonst würde die Geschäftsführerhaftung nach § 64 S. 3 GmbHG ausgelöst. Der BGH hat nunmehr entgegen der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte bestätigt, dass § 64 S. 3 GmbHG in der Tat ein derartiges Verweigerungsrecht begründet.
Zugleich wird aus der Entscheidung aber auch deutlich, dass für § 64 S. 3 GmbHG regelmäßig nur ein schmaler, für die Geschäftsführer aber durchaus gefährlicher Anwendungsbereich verbleibt, weil die Vorschrift nur zum Zug kommt, wenn die Gesellschaft nicht schon vor der Zahlung an den Gesellschafter zahlungsunfähig ist. Dies ist nach den gleichen Grundsätzen zu bestimmen, wie sie für die Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzeröffnungsgrund (§ 17 InsO) entwickelt worden sind. Danach ist die Gesellschaft dann zahlungsunfähig, wenn eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke von 10 % oder mehr besteht. In die Liquiditätsbilanz sind dabei auch fällige Gesellschafterforderungen einzustellen, wie der BGH in seiner Entscheidung ausdrücklich klarstellt. Zahlt die Gesellschaft auf eine fällige Gesellschafterforderung, sind daher auf den ersten Blick kaum Konstellationen vorstellbar, in denen erst die tatsächliche Leistung auf die Forderung die Zahlungsunfähigkeit auslöst, während die Gesellschaft zuvor noch zahlungsfähig war.
In der Sache ändert sich dadurch aber wenig, worauf der BGH gleichfalls hinweist. Denn wenn die GmbH schon aufgrund der Einstellung der Gesellschafterforderung in die Liquiditätsbilanz zahlungsunfähig ist, haftet der Geschäftsführer für gleichwohl noch erfolgende Zahlungen bereits aus § 64 S. 1 GmbHG. Auch für das aus § 64 S. 3 GmbHG resultierende Leistungsverweigerungsrecht ist dann kein Bedarf. Denn wenn die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig ist, hat der Geschäftsführer nicht den Anspruch des Gläubigers zu befriedigen, sondern Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a Abs.1 S. 1 InsO).
Für die Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach § 64 S. 3 GmbHG bleiben danach vor allem die Fälle, in denen auf eine Gesellschafterforderung geleistet wird, die im insolvenzrechtlichen Sinn noch nicht fällig und damit nicht in die Liquiditätsbilanz einzustellen ist.
Wegen der beträchtlichen Haftungsrisiken für die Geschäftsführer besonders relevant ist zudem der höchstrichterliche Hinweis auf eine mögliche Haftung wegen bloß mittelbarer Insolvenzverursachung. So macht der BGH deutlich, dass § 64 S. 3 GmbHG auch dann zur Anwendung gelangen könne, wenn die Zahlung auf eine Gesellschafterforderung für sich genommen nicht zur Zahlungsunfähigkeit führe, wohl aber deswegen, weil andere Kreditgeber außerhalb des Gesellschafterkreises von deren Belassen den Fortbestand, die Verlängerung oder die Gewährung ihrer Kredite abhängig gemacht haben und deren Begleichung nun ihrerseits zum Anlass für eine Kreditrückführung nehmen. Die Beurteilung derartiger Gefahren für die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft macht u.U. schwierige Prognoseentscheidungen erforderlich und erweitert damit die ohnehin schon erheblichen Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer. Vor diesem Hintergrund ist vor der Vornahme von Zahlungen an Gesellschafter bei den geringsten Anzeichen für eine Krise der Gesellschaft eine sorgfältige Prüfung anzuraten, die regelmäßig auch die Einholung von Rechtsrat einschließen sollte.
Sebastian Schödel Jan Kleinertz
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/13
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