Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

    Newsletter

    BGH: Keine erhöhten Anforderungen an die elterliche Aufsichtspflicht über die Internetnutzung minderjähriger Kinder

    Unlängst hat der BGH entschieden, dass Eltern für das illegale Filesharing eines 13-jährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt hatten und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwider handelt. Über diese Entscheidung wurde in den Medien ausführlich berichtet.



    Die Klägerin, eine Tonträgerherstellerin und Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen, war der Ansicht, dass die Beklagten wegen Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht zum Schadensersatz verpflichtet seien, der durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen von 15 Musikaufnahmen entstanden sei. Sie nahmen die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 200,00 € je Titel (insgesamt 3.000,00 €) sowie die Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 2.380,80 € in Anspruch.



    Das Landgericht und Oberlandesgericht hatten der Klage stattgegeben mit dem Hinweis auf die Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht. Der BGH hat mit Urteil vom 15.11.2012, Az.: I ZR 74/12, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Klage abgewiesen.



    Nach Ansicht des BGH genügen Eltern ihren Aufsichtspflichten über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind die Eltern - so der BGH - erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.



    Diese erfreuliche Entscheidung ist zwar kein Freifahrtschein, entlastet Eltern aber spürbar. Die bislang von der Rechtsprechung aufgestellten umfangreichen Aufsichts- und Überwachungspflichten der Eltern gingen an der Lebenswirklichkeit vorbei und würden bei konsequenter Umsetzung zu einer erheblichen Belastung des Eltern-Kind-Verhältnisses führen.



    In diese Richtung ging auch eine relativ neue Entscheidung des OLG Köln vom 16.05.2012, Az.: 6 U 239/11, wonach der Anschlussinhaber nicht per se für Urheberrechtsverletzungen des Ehepartners haftet.




    Dr. Wolfgang Walchner

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 11/12

    Drucken | Teilen