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    BGH: Zeitliche Begrenzung der Nachhaftung herrschender Unternehmen

    Nach Beendigung eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages ist das herrschende Unternehmen den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft gegenüber zur Sicherheitsleistung verpflichtet. Wie lange dieser Anspruch bei Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen besteht, die erst nach der Vertragsbeendigung fällig werden, ist gesetzlich nicht geregelt. Der BGH begrenzt die Nachhaftung auf fünf Jahre.



    In welcher finanziellen Verfassung eine Gesellschaft zurückbleibt, wenn ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag beendet wird, ist ungewiss und vom herrschenden Unternehmen in weitem Umfang steuerbar. Um die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft nicht schutzlos zu stellen, gewährt § 303 Abs. 1 AktG ihnen für ihre Forderungen gegen die abhängige Gesellschaft einen Anspruch auf Sicherheitsleistung gegen das herrschende Unternehmen. Voraussetzung ist, dass die Forderung bereits vor der Bekanntmachung der Beendigung des Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrages begründet war. Vor der Bekanntmachung "begründet" sind aber auch Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen wie z.B. Mietverträgen, auch wenn sie erst nach der Bekanntmachung fällig werden. Das führt zu der Frage, ob z.B. der Vermieter, der einer abhängigen Gesellschaft auf 15 Jahre ein Geschäftslokal vermietet hat, nach Beendigung des Unternehmensvertrages von der herrschenden Gesellschaft Sicherheitsleistung für die Mietverbindlichkeiten der gesamten Restlaufzeit (z.B. 14 Jahre) verlangen kann. Wie mit dieser Situation umzugehen ist, war bislang in Literatur und Rechtsprechung umstritten.



    Der Bundesgerichtshof hat die Nachhaftung nun in einer Entscheidung vom 07.10. 2014, Az.: II ZR 361/13, auf Forderungen begrenzt, die vor Ablauf von fünf Jahren nach der Bekanntmachung der Vertragsbeendigung fällig werden. Der Gesetzgeber habe übersehen, dass sich aus der Regelung des § 303 Abs. 1 AktG eine langandauernde oder gar endlose Haftung des herrschenden Unternehmens ergeben könne. Diese unbeabsichtigte Regelungslücke sei durch den Rückgriff auf die Regelungen zu schließen, die die Nachhaftung bei der Beendigung einer Eingliederung (§ 327 Abs. 4 AktG) oder beim Ausscheiden eines OHG-Gesellschafters (§ 160 HGB) auf fünf Jahre begrenzen. Das überzeugt vor allem im Hinblick auf die Gleichbehandlung mit der Beendigung der Eingliederung, bei der die eingegliederte Gesellschaft ihre Selbständigkeit noch stärker verliert als bei Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages. Warum dann die Nachhaftung nach Beendigung solcher Verträge weiter reichen sollte, ist kaum einzusehen.



    Praxishinweis: Wer Dauerschuldverhältnisse zu Gesellschaften unterhält, die mit einem anderen Unternehmen einen Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen haben, sollte ggfs. darauf achten, sich vom herrschenden Unternehmen bereits bei Vertragsabschluss Sicherheiten (Bürgschaft, Schuldbeitritt, Garantie) gewähren zu lassen. Das wird besonders dann wichtig sein, wenn die fünfjährige Nachhaftung allein nicht ausreicht, um alle Risiken abzufedern, etwa wenn sich erhebliche Aufwendungen des Vermieters durch eine Investitionsmiete über eine feste Vertragslaufzeit amortisieren sollen.



    Sebastian Schödel

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 12/14

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