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    BGH zur Erforderlichkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bei der Veräußerung von Beteiligungen an Tochtergesellschaften

    Mit Urteil vom 15.02.2022 hat der BGH ein weiteres Mal zu der Frage Stellung genommen, ob die Geschäftsführung einer Gesellschaft der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, wenn sie die Beteiligung an einer Tochtergesellschaft veräußern will (Az.: II ZR 235/20, ZIP 2022, 746).

    Veräußert eine Personenhandelsgesellschaft oder eine GmbH eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft, so ist – soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt – grundsätzlich die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft hierzu erforderlich (BGH a.a.O. zur KG; zur GmbH: OLG Hamburg, Urt. v. 28.06.1991 – 11 U 148/90). Nur ausnahmsweise ist eine solche Zustimmung entbehrlich, etwa wenn – bezogen auf den Wert der Muttergesellschaft insgesamt – die Beteiligung völlig unbedeutend ist (zur GmbH MüKoGmbHG/Stephan/Tieves, 3. Aufl. 2019, § 37 Rn. 143). Bei der Aktiengesellschaft ist eine Zustimmung der Hauptversammlung nur in Ausnahmefällen erforderlich. Jedenfalls dann, wenn die Beteiligung mehr als 80 % des Vermögens der Muttergesellschaft ausmacht, muss auch dort die Hauptversammlung zustimmen (BGH, Urt. v. 25.02.1982 – II ZR 174/80).

    Welche Mehrheitserfordernisse für einen derartigen Gesellschafterbeschluss gelten, hängt primär von der Regelung im Gesellschaftsvertrag ab. Fehlt im Gesellschaftsvertrag eine Regelung, so hängt das Mehrheitserfordernis vom Gesellschaftstyp ab: Während bei Personenhandelsgesellschaften Einstimmigkeit erforderlich ist (§§ 119 Abs. 1, 164 S. 1 HGB), ist bei der Aktiengesellschaft eine ¾-Mehrheit notwendig (BGH, Urt. v. 26.04.2004 – II ZR 155/02). Bei der GmbH ist die Rechtslage nicht eindeutig. Überwiegend wird auch hier verlangt, dass die Gesellschafterversammlung mit einer ¾-Mehrheit zustimmen muss, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt (siehe z.B. Heinze, NJW 2019, 1995, 1996).

    Ist die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich, aber nicht eingeholt, so stellt sich die Frage, welche Konsequenzen dies hat. Nur bei der Aktiengesellschaft ist der Veräußerungsvertrag unwirksam – und zwar auch nur dann, wenn der Wert der Beteiligung der Tochtergesellschaft 90 % oder mehr des Vermögens der Muttergesellschaft ausmacht (Schmidt/Lutter/Seibt, AktG, 4. Aufl. 2020, § 179a Rn. 8; vgl. BGH, Urt. v. 25.02.1982 – II ZR 174/80). Im Übrigen hat das Fehlen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft keine Auswirkungen auf den Vertrag mit dem Erwerber. Dies hat der BGH für die Kommanditgesellschaft in dem Urteil vom 15.02.2022 nochmals ausdrücklich betont. Der Geschäftsführung ist dennoch in allen Fällen, in denen die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich ist, dringend zu empfehlen, diese einzuholen. Dasselbe gilt für den Fall, dass die Erforderlichkeit der Zustimmung nicht eindeutig ist, etwa wenn die Gesellschafterversammlung der GmbH nur eine kleine Beteiligung veräußern will. Die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans machen sich ansonsten schadensersatzpflichtig (siehe z.B. § 43 Abs. 2 GmbHG; § 93 AktG). In Betracht kommt auch eine Kündigung ihres Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund (zur GmbH: OLG Hamburg a.a.O.).

    Dr. York Strothmann / Karin Blume

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/22

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