Newsletter
BGH zur Klage gegen rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH / Bedeutung der GmbH-Gesellschafterliste
Klagen gegen rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse spielen in der Praxis eine große Rolle. Sie stellen häufig für Minderheitsgesellschafter die einzige Möglichkeit dar, sich gegen rechtswidrige Beschlüsse der Mehrheit zur Wehr zu setzen.
Im Gesellschaftsrecht wird zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen unterschieden: Nichtigkeit ist nur bei besonders gravierenden Fehlern gegeben – etwa, wenn die Gesellschafterversammlung von einem Unbefugten einberufen wurde. Ein nichtiger Gesellschafterbeschluss ist ohne Weiteres unwirksam. Die gerichtliche Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen ist an keine Frist gebunden. Die meisten Fehler im Zusammenhang mit der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen führen indes lediglich zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. Hierzu zählen etwa in der Regel die Nichteinhaltung der Ladungsfrist, die Verletzung des Informationsrechts des einzelnen Gesellschafters sowie Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Gesellschafter. Derartige Anfechtungsgründe müssen grundsätzlich durch eine innerhalb von einem Monat ab Beschlussfassung erhobene Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Frist sind entsprechende Mängel grundsätzlich präkludiert (BGH, Urt. v. 14.03.2005 - II ZR 153/03).
Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 26.01.2021 – II ZR 391/18 zu einer Reihe von Fragen im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Vorgehen gegen Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH befasst. Im konkreten Falle hatte ein Gesellschafter-Geschäftsführer Klage u.a. gegen Gesellschafterbeschlüsse erhoben, mit denen die Einziehung seines Geschäftsanteils sowie die Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages beschlossen worden waren. Nach der Beschlussfassung hatte die Gesellschaft eine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister eingereicht, in der der Betreffende nicht mehr als Gesellschafter angegeben war. Kurze Zeit später hatten die verbleibenden Gesellschafter in einer zweiten Gesellschafterversammlung die in der ersten Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse bestätigt. Auch hiergegen klagte der (ursprüngliche) Gesellschafter-Geschäftsführer.
Die gegen die Einziehung seines Geschäftsanteils gerichtete Klage hatte Erfolg. Beschlüsse über die Einziehung von Geschäftsanteilen sind nichtig, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass die an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindung nicht aus dem freien Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (BGH, Urt. v. 26.01.2021 – II ZR 391/18). So war es auch im konkreten Fall.
Dagegen hatte die Klage gegen den Beschluss über die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages keinen Erfolg. Im konkreten Fall kamen nur Anfechtungsgründe in Betracht. Solche könnten nur durch einen Gesellschafter, der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung als Gesellschafter in der Gesellschafterliste eingetragen ist, geltend gemacht werden, so der BGH. Da der (ursprüngliche) Gesellschafter-Geschäftsführer zum Zeitpunkt der maßgeblichen zweiten Beschlussfassung nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen gewesen sei, könne er keine Anfechtungsklage gegen den betreffenden Gesellschafterbeschluss erheben.
Auf den ersten Blick weckt die Entscheidung des BGH Erstaunen – ist aber gesellschaftsrechtlich konsequent. Die Gesellschafterliste entfaltet im Verhältnis zur Gesellschaft Legitimationswirkung. Nur derjenige, der in der Gesellschafterliste eingetragen ist, ist überhaupt in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt und kann gegen fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse Anfechtungsklage erheben.
In dem Sachverhalt, über den der BGH zu entscheiden hatte, war der betreffende Gesellschafter-Geschäftsführer auch hinsichtlich seiner Rechte aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht rechtlos. Er kann und muss seine Ansprüche aus dem Vertrag – etwa Ansprüche auf Vergütung – durch Leistungsklage gegen die Gesellschaft geltend machen. So zwingt er das Gericht, auch die Frage zu prüfen, ob die Kündigung berechtigt war – also etwa, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorlag.
Dr. York Strothmann
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 6/21
Drucken | Teilen