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    Corona – Verhalten bei behördlichen Betriebsschließungen

    Das Coronavirus (SARS-CoV-2) hat die Wirtschaft mehr und mehr im Griff. In Italien haben die Behörden angeordnet, dass nur noch wichtige Geschäfte wie Lebensmittelhändler und Apotheken geöffnet sein dürfen. Auch viele Bundesländer beginnen auf Empfehlung der Bundesregierung, das öffentliche Leben durch die Schließung von u.a. Gaststätten und öffentlichen Einrichtungen massiv einzuschränken, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Das kann für die betroffenen Geschäftsinhaber existentielle finanzielle Folgen haben.

    Wenn eine Behörde eine Betriebsschließung anordnet, so greift sie damit in das Eigentumsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Solche Eingriffe sind nur aufgrund eines entsprechenden Gesetzes (Ermächtigungsgrundlage) rechtmäßig. Zurzeit handeln die Behörden vor allem auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) – so z.B. in Berlin. Ob dieses Gesetz jedoch taugliche Rechtsgrundlage für solch weitreichende Eingriffe ist, ist ob der Einmaligkeit der Situation unklar. Der Bundesinnenminister, Herr Seehofer, hat gerade sinngemäß erklärt, die Existenz einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage sei für ihn aufgrund der Bedeutung der Gesundheitsgefährdung unwichtig.

    Für Geschäftsinhaber ist es jedoch von enormer Bedeutung, ob die Behörde ihren Betrieb rechtmäßig oder rechtswidrig schließt. Handelt die Behörde rechtmäßig und entsteht dem Geschäftsinhaber dadurch ein wirtschaftlicher Schaden, so kann er nach den althergebrachten Grundsätzen des „enteignenden Eingriffs“ gegenüber dem Staat Entschädigung verlangen. Dieser Entschädigungsanspruch ist spezialgesetzlich z.B. in §§ 56 ff. IfSG geregelt. Ist die behördliche Anordnung jedoch rechtswidrig, so muss ein Geschäftsinhaber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 58, 300 - Nassauskiesung) sich zuvörderst gegen die Schließungsanordnung wehren. Unterlässt er das, so hat er später auch keinen Entschädigungsanspruch. Nur nach erfolgter rechtzeitiger Anfechtung kann ihm eine Entschädigung wegen eines sog. „enteignungsgleichen Eingriffs“ zugesprochen werden.

    Da ein Geschäftsinhaber aufgrund der außerordentlichen Entwicklungen keine Gewissheit darüber hat, ob die Schließung seines Geschäftes durch eine Behörde rechtmäßig ist oder nicht, sollte er wie folgt vorgehen:

    1. Geschäftsinhaber sollten von der anordnenden Behörde (zuständig wäre vermutlich das Gesundheitsamt) vor der Schließung einen schriftlichen Verwaltungsakt mit Begründung und Nennung der Ermächtigungsgrundlage verlangen. Der mit einer solchen Anordnung konfrontierte Geschäftsinhaber sollte von der Behörde auch die schriftliche Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts verlangen. Erst danach sollte er der Schließungsanordnung nachkommen.

    2. Diesen Verwaltungsakt sollten betroffene Geschäftsinhaber kritisch prüfen und im Zweifel Rechtsbehelfe einlegen. Schriftliche Verwaltungsakte müssen eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, wonach innerhalb einer Monatsfrist Widerspruch eingelegt oder Anfechtungsklage erhoben werden muss. Aufgrund der angeordneten sofortigen Vollziehung muss der Betrieb zwar geschlossen bleiben, jedoch wird die Rechtmäßigkeit zu einem späteren Zeitpunkt gerichtlich überprüft.

    Nur so minimieren Geschäftsinhaber das Risiko, die verheerenden wirtschaftlichen Folgen einer rechtswidrigen Schließung selbst tragen zu müssen.

    Wie wichtig ein richtiges Verhalten ist, hat sich an der Schließungsanordnung deutscher Atomkraftwerke durch Zuruf von Bundeskanzlerin Angela Merkel gezeigt. Lediglich RWE hat Rechtsmittel eingelegt und Schadensersatz erhalten. E.ON ging mangels Einlegung von Rechtsmitteln leer aus.

    Der Staat versucht daneben, die wirtschaftlichen Schäden durch politische Maßnahmen zu dämpfen. So hat der Freistaat Bayern am 16. März 2020 den Katastrophenfall ausgerufen und Unternehmen wirtschaftliche Hilfe versprochen. Auch der Drei-Stufen-Plan der Bundesregierung sieht vor, Unternehmen mit umfassenden und unbürokratisch gewährten KfW-Krediten zu unterstützen. Kreditgewährung reicht aber nicht aus, denn Kredite müssen zurückgezahlt werden. Geschuldet ist eine Entschädigung des Geschäftsinhabers.

    Dr. Wienand Meilicke / Dr. Moritz Beneke

    In folgendem Newsletter erschienen : Sondernewsletter - Corona

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