Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

    Newsletter

    Die Anwendung der Fünftel-Regelung bei Abfindungen oder anderen mehrjährigen Vergütungen ist für Arbeitgeber bald Vergangenheit!

    Die sog. Fünftel-Regelung ist vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Begriff.

    Bisherige Rechtslage

    In §§ 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a), 34 Abs. 1, 2 Nr. 2 EStG geregelt sieht sie – vereinfacht dargestellt – vor, dass die Besteuerung von außerordentlichen Einkünften wie Abfindungen durch eine fiktive Verteilung des Zuflusses auf fünf Jahre abgemildert wird. Aufgrund des progressiven Steuertarifs kann durch den geballten Zufluss der Einmalzahlung eine erhebliche Steuerbelastung beim Arbeitnehmer entstehen. Dies gilt insbesondere bei Arbeitnehmern mit geringem oder mittlerem Einkommen, die wegen der langen Betriebszugehörigkeit oder aus anderen Gründen im Verhältnis zu ihrem sonstigen Einkommen hohe Abfindungen erhalten. Durch die Fünftel-Regelung erfolgt eine Reduzierung dieser Progressionswirkung, die je nach den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers einige Tausend Euro ausmachen kann.

    Für Arbeitgeber ist die Fünftel-Regelung allerdings problematisch: Denn sie ist bislang gemäß § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG im Lohnsteuerabzugsverfahren vom Arbeitgeber anzuwenden, sofern ihre Voraussetzungen erfüllt sind und sich durch ihre Anwendung eine niedrigere Lohnsteuer ergibt. Ob die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftel-Regelung im konkreten Fall tatsächlich erfüllt sind, ist für den Arbeitgeber indes oftmals nicht rechtssicher zu beurteilen. Wenn der Arbeitgeber irrtümlich die Fünftel-Regelung anwendet und zu wenig Lohnsteuer abführt, kann er hierfür vom Finanzamt in Haftung genommen werden.

    Änderung durch das Wachstumschancengesetz

    Das Wachstumschancengesetz ist nach Einigung im Vermittlungsausschuss Ende März 2024 in Kraft getreten. Anders als bisweilen zu lesen, wird die Fünftel-Regelung für Abfindungen nicht abgeschafft, sondern nur aus dem Lohnsteuerabzugsverfahren auf das Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers verlagert, wo sie systematisch auch hingehört.

    Ab dem Jahr 2025 müssen Arbeitgeber bei der Auszahlung von Abfindungen an Arbeitnehmer diese Fünftel-Regelung also nicht mehr anwenden. § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG wird ersatzlos aufgehoben. Damit entfällt beim Arbeitgeber der bisherige Prüfungs- und Berechnungsaufwand bei der Zahlung von Abfindungen. Auch ein entsprechendes Haftungsrisiko wegen einer unzutreffenden Berechnung oder Behandlung der Abfindungszahlung entfällt. Damit steigt aber auch die für den Arbeitnehmer abzuführende Lohnsteuer, da keine tarifliche Ermäßigung für die Einmalzahlung erfolgt. Der Arbeitnehmer hat also netto zunächst einmal weniger von seiner Abfindung.

    Für die Arbeitnehmer hat das zur Folge, dass sie die Steuerermäßigung selbständig in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen müssen. In Lohnsteuerbescheinigungen werden daher die für die Fünftel-Regelung in Frage kommenden Lohnbestandteile weiterhin gesondert ausgewiesen. Für die Arbeitnehmer entsteht somit ein Liquiditätsnachteil, der insbesondere bei einer Auszahlung einer Abfindung am Anfang des Jahres und hohen Abfindungszahlungen erheblich sein kann.

    Eine Hinweispflicht des Arbeitgebers auf die Gesetzesänderung und die Geltendmachung der Fünftel-Regelung in der persönlichen Einkommensteuererklärung besteht nicht. Arbeitnehmer müssen aber ab dem 01.01.2025 mit dem Zufluss geringerer Abfindungszahlungen rechnen. Für Arbeitnehmer kann daher – falls möglich – eine Auszahlung einer Abfindung vor dem 31.12.2024 vorteilhaft sein.

    Dirk Schellhorn

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 6/24

    Drucken | Teilen