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Dr. Moritz Beneke vom Landgericht Bonn zum Besonderen Vertreter (Prozesspfleger) einer Genossenschaft bestellt
Das Landgericht Bonn hat jüngst unseren Kollegen Dr. Moritz Beneke gemäß § 57 Absatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zum Besonderen Vertreter (Prozesspfleger) einer Genossenschaft bestellt. Zweck der Bestellung war die Verteidigung der Genossenschaft gegen eine Anfechtungsklage. Die Bestellung eines Prozesspflegers war notwendig geworden, da die Anfechtungsklage sowohl vom Vorstand als auch von Mitgliedern des Aufsichtsrats der Genossenschaft erhoben wurde. Damit hatte die Genossenschaft keinen unbefangenen gesetzlichen Vertreter mehr.
Nach § 57 Absatz 1 ZPO hat das Gericht für eine nicht prozessfähige Partei, die verklagt werden soll und keinen gesetzlichen Vertreter hat, dieser einen besonderen Vertreter zu bestellen, wenn sonst Gefahr im Verzug vorliegt. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der gesetzliche Vertreter identisch ist mit dem Kläger (zur Beispiel Geschäftsführer einer GmbH und Alleingesellschafter), Vorstand und Aufsichtsrat einer AG geschlossen ihr Amt niedergelegt haben oder aber im Falle einer Anfechtungsklage nur die Aufsichtsratsmitglieder das Amt niedergelegt haben. Denn die AG wird bei aktienrechtlichen Anfechtungsklagen gemäß § 246 Absatz 2 Satz 2 Aktiengesetz (AktG) von Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam vertreten.
Das Gericht bestellt ein Prozesspfleger aber nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Klägers. Der Prozesspfleger nimmt – beschränkt auf den konkreten Prozess – die Stellung eines gesetzlichen Vertreters ein und führt den Prozess im pflichtgemäßen Interesse der prozessunfähigen Partei.
Vor allem bei der Erhebung von Anfechtungsklagen gegen führungslose Gesellschaften ist von den Klägern immer an die Beantragung eines Prozesspflegers zu denken. Auch bei teilweiser Personenidentität zwischen Anfechtungsklägern und gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft liegt die Bestellung eines Prozesspflegers nahe. Solche Anfechtungsklagen unterliegen materiellrechtlichen Ausschlussfristen; bei der AG z.B. muss die Klage nach § 246 Absatz 1 AktG innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben worden sein, ebenso bei der Genossenschaft gem. § 51 Absatz 1 Satz 2 Genossenschaftsgesetz (GenG). Das Risiko, dass eine solche Klage mangels gesetzlichen Vertreters nicht rechtzeitig zugestellt werden kann, trägt der Kläger. Dieser muss deshalb unverzüglich mit einem gerichtlichen Antrag möglichst schon in der Klageschrift darauf hinwirken, dass das Gericht einen Prozesspfleger bestellt.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/22
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