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Entgelttransparenz: Über Geld spricht man doch!
Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (sog. EntgTranspG - Entgelttransparenzgesetz) ist am 06.07.2017 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist, das Gebot gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen.
Das Entgeltgleichheitsgebot ist im deutschen Arbeitsrecht nichts Neues. Dennoch verdienen laut Statistischem Bundesamt Frauen nach wie vor weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Abhilfe soll das Entgelttransparenzgesetz schaffen, indem es Arbeitnehmern einen individuellen Auskunftsanspruch gewährt. Arbeitnehmer können Auskunft über das durchschnittliche Bruttoentgelt und bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile (zum Beispiel Zulagen) für Mitarbeiter mit gleicher oder gleichwertiger Arbeit verlangen. Der Arbeitnehmer muss sein Auskunftsverlangen in Textform (zur Textform siehe NL 9/16) geltend machen. Der Arbeitgeber hat zur Beantwortung eine Frist von drei Monaten. Es gibt allerdings einige Einschränkungen: Der individuelle Auskunftsanspruch besteht nur in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten. Nur bei Betrieben ohne Betriebsrat ist der Arbeitgeber unmittelbar auskunftspflichtig. Ist ein Betriebsrat vorhanden, so muss er die Auskunft nach § 13 EntgTranspG diesem geben.
Das Gesetz differenziert zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitgebern: Es privilegiert tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber durch die Vermutung, dass tarifliche Entgeltsysteme benachteiligungsfrei sind. Solche Arbeitgeber können ihre Auskunftspflicht erfüllen, indem sie auf die tarifvertragliche Entgeltregelung hinweisen und angeben, wo diese einzusehen ist. Tariffreie Arbeitgeber müssen demgegenüber die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung im Einzelnen beschreiben. Unterlassen sie das, tragen sie im Streit die Beweislast, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt. Wie Arbeitgeber einzuordnen sind, die tarifgebunden sind, jedoch übertarifliche Leistungen gewähren, ergibt sich aus dem Gesetz nicht.
Das Gesetz verbietet bei „gleicher oder gleichwertiger Arbeit“ im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile jede unmittelbare und jede mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts. Besonders praxisrelevant ist Frage, wann Arbeit „gleichwertig“ ist. Das Gesetz stellt ab auf die „Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren“ und nennt einige Faktoren – nämlich die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen. Die Gleichwertigkeit soll sich nach objektiven Maßstäben bestimmen. Die subjektive Wertigkeit der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber spielt für die Feststellung der Gleichwertigkeit keine Rolle. Dem Arbeitgeber bleibt es trotz des Gesetzes aufgrund seiner unternehmerischen Freiheit unbenommen, Vergütungen aus sachlichen Gründen zu differenzieren.
Ergibt sich aus der Auskunft eine Entgeltdiskriminierung, hat der Arbeitnehmer die Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Er kann eine Lohnanpassung sowie eine Entschädigung beanspruchen. Allerdings hat der Arbeitnehmer dabei die im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschluss- oder Verfallklauseln einzuhalten. Nicht geklärt ist, wie der Arbeitnehmer die Ungleichbehandlung beweisen muss.
Das Entgelttransparenzgesetz sieht ein betriebliches Prüfverfahren vor. Es fordert private Arbeitgeber mit regelmäßig mehr als 500 Beschäftigten auf, die Entgeltgleichheit regelmäßig zu überprüfen und darüber Bericht zu erstatten. Eine gesetzliche Pflicht hierzu gibt es aber nicht. Offenbart die Prüfung des Entgelts Benachteiligungen wegen des Geschlechts, muss der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Benachteiligung ergreifen. Zudem muss er die Beschäftigten über die Ergebnisse der Prüfung zu informieren. Weitere Berichtspflichten gelten für Arbeitgeber mit regelmäßig mehr als 500 Beschäftigten. Diese müssen im Geschäftsbericht berichten.
Das Gesetz bedeutet viel Bürokratie und begründet zahlreiche Gefahren für die Unternehmen. Es kann einen deutlichen Imageschaden verursachen, wenn im Lagebericht veröffentlicht wird, dass das Unternehmen keinerlei Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern vorgenommen hat. Das Auskunftsverlangen ist für einen normalen Arbeitnehmer zu kompliziert und ohne anwaltliche Hilfe kaum zu bewältigen sein. Dass durch den Auskunftsanspruch Entgeltgleichheit gelingt, erscheint zweifelhaft.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/17
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