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EuGH erweitert die Möglichkeit des Abschlusses von Gerichtsstandsvereinbarungen
Dass Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten der EU grundsätzlich frei darüber entscheiden können, welches Gericht in welchem Mitgliedstaat über ihre möglichen zukünftigen Streitigkeiten entscheiden soll, ist eindeutig (siehe Art. 25 EuGVVO; Brüssel Ia-VO). Unklar und umstritten war bisher, ob dies auch bei sog. reinen „Inlandssachverhalten“ gilt – wenn also beide Vertragsparteien ihren Sitz in ein und demselben Mitgliedstaat haben. Bestand kein Auslandsbezug, wurde ihnen zum Teil die Möglichkeit versagt, bei Streitigkeiten die Zuständigkeit des Gerichts eines anderen Mitgliedstaats zu vereinbaren (zum Streitstand siehe BeckOK ZPO/Gaier, 52. Ed. 1.3.2024, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 17).
Derartige Fälle sind zwar selten, kommen in der Praxis aber durchaus vor. Vertreibt etwa ein deutsches Unternehmen seine Produkte durch seine ausländischen Tochtergesellschaften, kann etwa das deutsche Unternehmen ein Interesse daran haben, dass etwaige Streitigkeiten zwischen seinen ausländischen Tochtergesellschaften und deren Abnehmern zentral von einem bestimmten deutschen Gericht entschieden werden sollen.
Der EuGH hat durch Urteil vom 08.02.2024 (AZ C-566/22 – Inkreal, EuZW 2024, 262) nunmehr entschieden, dass grundsätzlich auch in derartigen Fällen das europäische Recht dem Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen nicht entgegensteht. Durch die Vereinbarung des Gerichts eines anderen Mitgliedstaats wird der erforderliche Auslandsbezug hergestellt – so der EuGH (EuGH a.a.O. Rn. 25). Unzulässig sind entsprechende Gerichtsstandsvereinbarungen lediglich in besonderen Konstellationen – etwa beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern (Art. 19 EuGVVO).
Geändert hat die Entscheidung des EuGH nichts an der Notwendigkeit, im Einzelfall jeweils zu prüfen, ob und mit welchem Inhalt der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung sinnvoll ist. Ein wichtiger Grundsatz ist, dass das für zuständig erklärte Gericht grundsätzlich ein „eigenes“ Recht anwenden sollte. Vereinbart man also die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, sollte auch der Vertrag deutschem Recht unterliegen. Dadurch werden im Konfliktfall Zeit und Kosten gespart.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/24
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