Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

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    Gastkommentar von Andreas Weitbrecht:

    Der Beitrag von Jan Kleinertz (Schadensersatz für Kunden eines Kartells) betrifft eine weitverbreitete Fallkonstellation: Viele Unternehmen haben Waren von einem Lieferanten bezogen haben, der an einem Kartell beteiligt war; das Bestehen dieses Kartells ist durch eine Kartellbehörde rechtskräftig festgestellt worden. Gemäß § 33a GWB wird vermutet, dass diese Unternehmen einen kartellbedingt höheren Preis bezahlt haben als sie bei funktionierendem Wettbewerb bezahlt hätten. Diesen Schaden können sie vom Lieferanten ersetzt verlangen; die übrigen Kartellbeteiligten haften gesamtschuldnerisch.

    Die Höhe dieses Schadens kann unterschiedlich ausfallen und in Extremfällen auch bei Null liegen. Realistischer ist eine Schadenshöhe zwischen 8 und 15 % des vom Kartell betroffenen Bezugsvolumens. Die öffentliche Hand vereinbart in ihren Vergabebedingungen inzwischen meist eine Pauschalierung dieses Schadens – so auch in dem vom LG Hannover entschiedenen Fall.

    Private Unternehmen lassen zur wahrscheinlichen Höhe des Schadens meist ein ökonomisches Gutachten anfertigen, das aber in der Regel einen niedrigen sechsstelligen Euro-Betrag kostet. Diese Kosten lassen sich reduzieren, wenn Geschädigte sich zusammenschließen und ein gemeinsames Gutachten in Auftrag geben, dessen Kosten geteilt werden.

    Außerdem bieten Anwaltskanzleien bzw. spezialisierte Dienstleister wie die Firma Cartel Damage Claims an, die Ansprüche von Geschädigten zu bündeln: sie lassen sich diese Ansprüche abtreten und machen sie gemeinsam gerichtlich geltend. Sie bezahlen auch das ökonomische Gutachten. Im Hintergrund agiert meist ein Prozessfinanzierer. Die geschädigten Unternehmen überlassen diesen Dienstleistern in der Regel 20-30 % des letztlich gegen die Kartellbeteiligten erstrittenen Betrages; zum Ausgleich dafür tragen die geschädigten Unternehmen keinerlei Kosten- und Prozessrisiko. Allerdings verlieren sie so auch die Kontrolle über ihren Anspruch und über das Verfahren.

    Gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung dieser Ansprüche können viele Jahre dauern. Alternativ kann ein geschädigtes Unternehmen auch direkt in Verhandlungen mit dem Lieferanten treten mit dem Ziel, eine schnelle einvernehmliche Lösung zu erreichen, ggfs. mit der Unterstützung eines Mediators oder Schlichters. Diese Vorgehensweise bietet sich besonders an, wenn die Lieferbeziehung ohne die Störung durch ein gerichtliches Verfahren fortgesetzt und womöglich intensiviert soll.

    Rechtsanwalt Prof. Dr. Andreas Weitbrecht
    Poppelsdorfer Allee 114
    53115 Bonn
    Tel. 0228 9659 2850
    www.weitbrechtlaw.com
    www.kartellrechtadr.com

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/18

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