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Gefahr persönlicher Haftung des Geschäftsführers bei Insolvenzreife des Unternehmens
Geschäftsführer haften für alle Zahlungen, die ab Insolvenzreife des GmbH – Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – geleistet wurden, soweit solche Zahlungen nicht ausnahmsweise sorgfältiger kaufmännischer Geschäftsführung entsprechen. Der BGH hat Erleichterungen dieser Haftung in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung verweigert.
Die Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife der Gesellschaft (§ 64 Satz 1 GmbHG) war durch verschiedene Urteile und Stellungnahmen in der Literatur zunehmend relativiert worden. Insbesondere war wiederholt vertreten worden, dass eine Vorschrift aus der Insolvenzordnung entsprechend Anwendung auf die Haftung des Geschäftsführers finden könne. Nach § 142 InsO sind nämlich an sich anfechtbare Leistungen des Schuldners kurz vor Insolvenzeröffnung dann nicht anfechtbar, wenn „unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners“ gelangt (sogenanntes „Bargeschäft“). Analog auf die Geschäftsführerhaftung angewendet könnte das bedeuten, dass Zahlungen des Unternehmens, die zu einer unmittelbaren gleichwertigen Gegenleistung an das Unternehmen führen, eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für solche Zahlungen nicht begründen könnten. Der Geltendmachung eines solchen „Bargeschäftseinwands“ hat der BGH jedoch durch Urteil vom 04.07.2017, Az.: II ZR 319/15, DB 2017, 1959, eine Absage erteilt.
Nach Auffassung des BGH sind die Haftungsregime beider Vorschriften nicht vergleichbar. Während das zulässige Bargeschäft nach § 142 InsO auch die Vergütung von an das Unternehmen erbrachte Dienstleistungen erlaube, diene § 64 GmbHG nach Eintritt der Insolvenzreife dem Erhalt der vom Insolvenzverwalter verwertbaren Insolvenzmasse. Die Gegenleistung muss also in einem verwertbaren Zufluss zur Masse bestehen, wenn die Haftung des Geschäftsführers vermieden werden soll. Ausnahmen von dieser Haftung sind nur in den engen Grenzen des § 64 Satz 2 GmbHG möglich. Danach sind unabhängig von der fortbestehenden Verwertbarkeit der Gegenleistung für die Masse Zahlungen zulässig, die trotz Insolvenzreife mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Das sind Zahlungen für Leistungen, die für den – auch nur vorübergehenden – Fortbestand des Unternehmens unabdingbar sind, z.B. Leistungen der Energieversorgung.
Verschärft wird das effektive Haftungsrisiko für den Geschäftsführer durch den erst jüngst bekannt gewordenen Beschluss des OLG Celle vom 01.04.2016, Az.: 8 W 20/16 (vgl. Beitrag: „Trügerische Sicherheit – Lücken in der D&O Versicherung“) . Danach ist die Haftung eines Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife von den üblichen D&O-Versicherungen nicht gedeckt. Diese Rechtsprechung hat bereits dazu geführt, dass einige Versicherungen den entsprechenden Schutz ablehnen. Dies kann für den betroffenen Geschäftsführer existenzbedrohend sein.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/17
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