Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

    Newsletter

    Generalanwalt bestätigt Zuständigkeit deutscher Gerichte für Squeeze-Out-Abfindungen

    Nach dem Spruchverfahrensgesetz (SpruchG) war seit Jahren streitig, ob bei ausländischen Schuldnern der Abfindung deutsche Gerichte als Spruchgericht zuständig sind. Die Frage hatGeneralanwalt Wathelet in seinem Plädoyer vor dem EuGH (16.11.2017, C-560/16, Michael Dedouch u. a. gegen E.On ) jüngst bejaht. Meistens folgt der EuGH den Anträgen der Generalanwälte.

    § 5 Spruchgesetz 2003 behandelt als Antragsgegner von Abfindungsverfahren (Unternehmensverträge, Eingliederung, Squeeze-Out, Umwandlungen, Sitzverlegungen) den Mehrheitsgesellschafter. Seitdem stellte sich bei ausländischen Antragsgegnern die Frage, ob deutsche Gerichte als Spruchgericht überhaupt noch zuständig sind oder ob die Abfindung nicht von ausländischen Gerichten am Sitz des Mehrheitsgesellschafters festzusetzen ist. Wäre das richtig, könnte durch Vorschaltung einer ausländischen Zwischengesellschaft auch die Zuständigkeit deutscher Spruchgerichte für derartige Maßnahmen in deutschen Gesellschaften vermieden werden.

    Die einschlägige europäische Vorschrift, die EUGVVO (Verordnung über gerichtliche Zuständigkeit in Zivil und Handelssachen), ordnet grundsätzlich die Zuständigkeit der Gerichte am Sitz des Beklagten an. Für die Festsetzung der Abfindung von ausgeschlossenen Aktionären sieht sie keine klare Sonderzuständigkeit vor. In Betracht kommt eine inländische Zuständigkeit nach Art. 24 Nr. 2 (früher Art. 22 Nr. 2) EUGVVO.Seinem Wortlaut nach gilt der nur für Klagen, welche die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung der Gesellschaft oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben.

    In einem Squeeze-Out der Aktionäre ihrer tschechischen Tochtergesellschaft hatte sich E-ON auf den Standpunkt gestellt, die Höhe der Abfindung sei von den Gerichten an ihrem Gesellschaftssitz in München zu bestimmen. Nach einigem Hin und Her legte das letztinstanzlich zuständige tschechische Gerichte dem EuGH die Frage vor. Er entscheidet verbindlich über die Auslegung der EUGVVO. Generalanwalt Wathelet bejaht in seinem Plädoyer die Zuständigkeit der Gerichte am Ort des Sitzes der Gesellschaft. Er folgert das aus Sinn und Zweck des Art. 24 Nr. 2 EUGVVO. Diese Rechtsauffassung haben wir schon in NZG 2004, Seite 547 ff., und in AG 2010, Seite 23 ff. vertreten.

    Dr. Wienand Meilicke / Dr. Daniel Lochner

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 8/17

    Drucken | Teilen



    Ähnliche Artikel

    Meilicke Hoffmann & Partner wendet sich gegen vorgeschlagene Rechtschutzverkürzung im Spruchverfahren

    Das Bundesministerium der Justiz hatte Ende November die am Gesellschaftsrecht interessierte Fachöffentlichkeit dazu aufgefordert, zu einem vom Vorsitzenden des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins vorgelegten Regelungsvorschlag Stellung zu nehmen.

    Koalitionsvertrag: Was bringt er für Aktionäre und ihre Gesellschaften

    Im Aktienrecht galt lange das geflügelte Wort von Wolfgang Zöllner zur „Aktienrechtsreform in Permanenz“. Zöllner fügte seinem Aufsatz den skeptischen Untertitel hinzu: „Was wird aus den Rechten des Aktionärs?“ (veröffentlicht in der Zeitschrift Die Aktiengesellschaft 1994, S. 336 ff.) Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht zwar unter dem Motto: „Neuer Aufbruch – neue Dynamik“. Die dort angekündigten Schritte beschränken sich in Hinblick auf Aktiengesellschaften aber auf Änderungen in Nuancen. Sie lassen den einen hoffen (Initiative Minderheitsaktionäre: „Koalitionsvertrag … für Aktionäre … Schritt in die richtige Richtung, greift aber zu kurz“), andere bangen (Deutsches Aktieninstitut zum Thema Aktiensparen, der Vertrag „enttäuscht … auf ganzer Linie“). Da lohnt ein Blick auf Details.