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Kein Vorsteuerabzug für geschäftsleitende Holdinggesellschaft
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 15.02.2023 (Az. XI R 24/22) klargestellt, dass einer Holdinggesellschaft das Recht auf Vorsteuerabzug für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und die sie in Tochtergesellschaften einlegt, nicht zusteht.
Nach der Vorlage des BFH an den Europäischen Gerichtshofs (EuGH) konnte der BFH nunmehr auf dessen Entscheidung vom 08.09.2022 reagieren. Der EuGH entschied über die Auslegung des Art. 168 Buchst. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) in Verbindung mit Art. 167 MwStSystRL, die sich mit der Entstehung und dem Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug befassen.
Ausgangspunkt der Entscheidung ist eine GmbH, die als Holding für zwei Tochtergesellschaften Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen erbracht hat. Die GmbH beabsichtigte, den vollen Vorsteuerabzug aus den von ihr bezogenen steuerbelasteten Eingangsleistungen zu nutzen, obwohl die von ihr erbrachten Ausgangsumsätze steuerfrei waren, da sie in Gesellschafterbeiträgen gegenüber ihren Tochtergesellschaften bestanden. Der Clou des Falles bestand darin, dass versucht wurde, auf Ebene der Holding einen Vorsteuerabzug für Eingangsumsätze zu erlangen, der auf Ebene der Tochtergesellschaften aufgrund steuerfreier Lieferungen zweifellos nicht bestand. Der BFH und der EuGH haben diesen Fall jedoch genutzt, um unabhängig von dieser Besonderheit die Regelungen für den Vorsteuerabzug von Holdinggesellschaften einschränkend klarzustellen.
Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Das UStG fordert in § 15 für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug eine Unternehmereigenschaft. Diese liegt bei einer Holding-GmbH bekanntermaßen nur vor, wenn sie unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung der Tochtergesellschaften eingreift.
In diesem Kontext hatte der BFH zu würdigen, ob auch die Erbringung einer Sachleistung als Gesellschafterbeitrag Teil dieser unternehmerischen und damit steuerpflichtigen Tätigkeit sein kann.
Er verneinte dies mit der Begründung, dass die Eingangsleistungen der Holding nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen stehen und auch nicht unter die allgemeinen Aufwendungen fallen, die als solche Kostenelemente der erbrachten Dienstleistung sind. Vielmehr hat der BFH festgestellt, dass die Eingangsleistungen im Zusammenhang mit den überwiegend steuerfreien Umsätzen der Tochtergesellschaften stehen.
Der EuGH hat bestätigt, dass ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, wenn die Eingangsleistung in Anspruch genommen wird, damit ihr Empfänger seinen Verpflichtungen in Bezug auf Gesellschafterbeiträge gegenüber den Tochtergesellschaften nachkommen kann. Ein solcher Beitrag einer Holdinggesellschaft gehört zum Halten von Geschäftsanteilen, sodass eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der MwStSystRL nicht vorliegt und der Vorsteuerabzug daher nicht eröffnet ist.
Ausgaben, die nicht mit den besteuerten Umsätzen des Steuerpflichtigen, sondern mit Umsätzen eines Dritten zusammenhängen, können für diesen Steuerpflichtigen kein Recht auf Vorsteuerabzug begründen, und zwar unabhängig davon, ob die Umsätze des Dritten steuerfrei sind oder nicht. Insofern war es für die Entscheidung des Falles letztlich auch irrelevant, dass die Tochtergesellschaften die von der Holding bezogenen Leistungen für steuerfreie Umsätze verwendeten.
Für die Praxis bedeutet die Entscheidung ein gesteigertes Achtsamkeitserfordernis hinsichtlich der Verwendung von Ausgangsumsätzen bei Holdinggesellschaften. Die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs wird nur dann eröffnet, wenn die Eingangsumsätze in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen stehen.
Dr. Uwe Scholz / Wiss. Mit. Melissa Sinik
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/23
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