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    Keine sittenwidrige Schädigung bei Kauf eines Fahrzeuges mit manipulierter Motorsteuerung nach Bekanntwerden des sogenannten VW-Dieselskandals

    Der BGH hat mit einen Nichtannahmebeschluss vom 09.03.2021 Schadensersatzansprüche des Käufers eines mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 versehenen Gebrauchtwagens, den dieser erst nach dem Bekanntwerden des VW-Dieselskandals erworben hatte, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verneint.

    Der Kläger hatte im September 2005 einen Gebrauchtwagen, der mit einen vom VW-Dieselskandal betroffenen Motor der Baureihe EA189 ausgestattet war, erworben. Ab September 2015 war über den VW-Dieselskandal in der Presse breit berichtet worden. VW hatte durch eine Ad-hoc-Mitteilung die Öffentlichkeit darüber informiert, dass bei den Dieselmotoren der Baureihe EA 189 Unregelmäßigkeiten vorlägen und dass VW an einer Lösung zu deren Beseitigung arbeite. Das Kraftfahrbundesamt hatte die in den betroffenen Fahrzeugen verbaute Motorsteuerungsanlage als unzulässige Abschalteinrichtung angesehen und VW verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen die Ordnungsmäßigkeit der Fahrzeuge wieder herzustellen. VW stellte in der Folge ein Software-Update bereit, durch das die Prüfstanderkennung der ursprünglichen Software beseitigt wurde. Diese Software wurde nach dem Erwerb des Fahrzeuges durch den Käufer im Dezember 2016 auch bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aufgespielt. Der Kläger behauptete, dass auch mit dem Software-Update eine neue unzulässige Abschaltvorrichtung in Form eines „Thermofensters“ vorhanden sei. Zudem habe das Update negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch und den Verschleiß des Fahrzeuges. Er verlangte Erstattung des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung ZugumZug gegen Rückgabe des Fahrzeuges. Seine Klage war vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hatte die Revision nicht zugelassen. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen.

    Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass das Verhalten von VW gegenüber dem Kläger nicht als sittenwidrig anzusehen sei. Für die Bewertung eines schädigen Verhaltens als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB sei das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten in einer Gesamtschau zu ermitteln und zu Grunde zu legen. Die Verhaltensänderung der Beklagten, die das Unwerturteil ihres bisherigen Verhaltens gegenüber Käufern vor dem Bekanntwerden des VW-Dieselskandales begründeten (vgl. BGH, Urt. vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, und hierzu Newsletter 7/20), habe die Situation soweit relativiert, dass der Vorwurf der Sittenwidrigkeit bezogen auf ihr Gesamtverhalten gegenüber dem Kläger nicht mehr gerechtfertigt sei.

    Dies gelte auch, wenn man die Behauptung des Klägers, dass mit dem Software-Update eine neue unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines „Thermofensters“ implementiert worden sei, die die Abgasrückführung bei bestimmten Außentemperaturen deutlich reduziere, als richtig unterstelle. Denn der darin liegende Gesetzesverstoß reiche nicht aus, um in einer Gesamtbetrachtung das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Ein solches „Thermofenster“ sei nicht mit der Verwendung der Prüfstanderkennungssoftware, die die Beklagte zunächst eingesetzt und damit auf eine unmittelbare arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde und der Autokäufer abgezielt hatte, zu vergleichen. Der Einsatz einer temperaturabhängigen Steuerung diene nicht dazu, bei erkanntem Prüfstandbetrieb eine verstärkte Abgasdrückführung zu aktivieren und den Stickstoff-Monoxyd-Ausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb zu reduzieren. Vielmehr arbeite diese Steuerung in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise.

    Damit hat der BGH sich erstmals zu der rechtlichen Bewertung des Vorhandenseins eines „Thermofensters“ geäußert. Diese Entscheidung dürfte weitreichende Folgen haben, da „Thermofenster“ bei einer Vielzahl von Dieselfahrzeugen unterschiedlicher Hersteller – angeblich um Schäden des Motors bei bestimmten Betriebsbedingungen zu vermeiden – vorhanden sind. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 17.12.2020- C 698/18 solche „Thermofenster“ als unzulässige Abschalteinrichtungen gesehen, damit aber nicht über mögliche Schadensersatzverpflichtungen nach jeweiligem nationalen Recht entschieden.

    Nach dem jetzigen Beschluss des BGH führt das Vorhanden sein eines solchen „Thermofensters“ regelmäßig nicht zu einem Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung führen. Ob im Einzelfall gewährleistungsrechtliche Ansprüche, etwa wegen erhöhten Kraftstoffverbrauchs o.ä., bestehen könnten, hat der BGH damit aber nicht entschieden.

    H. Krumscheid

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/21

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