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    Kündigungsschutz unter Berücksichtigung der Mitarbeiter einer ausländischen Niederlassung?

    In Deutschland tätige Arbeitnehmer einer selbständigen Schweizer Niederlassung, für deren Arbeitsverträge die Geltung schweizerischen Rechts vereinbart ist, sind bei der Berechnung der Mindestbeschäftigtenzahl des § 23 Abs. 1 KSchG nicht mitzuzählen, auch wenn die Rechtswahl angesichts der Kündigungsfreiheit in der Schweiz bei ordentlichen Kündigungen gem. Artikel 30 Abs. 1 EGBGB (Artikel 8 I-VO) partiell unwirksam ist und auf diese Arbeitsverhältnisse § 1 KSchG Anwendung findet.

    Die Beklagte beschäftigt neun Arbeitnehmer in Deutschland. Die Schwestergesellschaft der Beklagten, eine selbständige Niederlassung in der Schweiz mit eigenem Niederlassungsleiter, verantwortlich für die Einstellung und Entlassung von Personal, beschäftigte zwei Arbeitnehmer mit Wohnsitz und home office in Deutschland. Der Kläger wollte diese zwei Mitarbeiter zu den in seinem Betrieb tätigen hinzurechnen, um in den Anwendungsbereich des KSchG zu gelangen.

    Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 19.07.2016, Az.: 2 AZR 468/15, die Urteile der Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt und die zwei in Deutschland tätigen Mitarbeiter der Schweizer Gesellschaft für die Berechnung der Mindestbeschäftigtenzahl nicht mit einbezogen. Beide Personen hätten einen Arbeitsvertrag mit der selbständigen Niederlassung in der Schweiz. Die unterschiedlichen Rechtsordnungen unterstehenden Arbeitsverhältnisse der beiden Personengruppen können nicht zum Zwecke der Eröffnung des Anwendungsbereiches einzelner Gesetze des jeweils anderen Rechts zusammengerechnet werden. Der Begriff des Betriebes im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG erfasse nur solche organisatorischen Einheiten, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. Dabei hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang offen gelassen, ob eine Zusammenrechnung stattzufinden hätte, wenn die in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen nach Artikel 27 EGBGB deutschem Recht unterfallen würden (vgl. auch BAG vom 26. März 2009, Az.: 2 AZR 883/07). Daran ändere auch nichts, da für diese Mitarbeiter partiell deutsches Recht Anwendung finde, weil trotz erfolgter Rechtswahl die zwingenden Bestimmungen des Kündigungsschutzes gelten.

    § 23 Abs. 1 KSchG stelle auf die Betriebs- und nicht auf die Unternehmensgröße ab. Dies sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich, solange dadurch nicht angesichts der vom Arbeitgeber geschaffenen konkreten Organisation die gesetzgeberischen Erwägungen für die Privilegierung des kleinen Betriebs bei ständiger Betrachtung ins Leere gehen und die Bestimmung des Betriebsbegriffs nach herkömmlicher Definition zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung betroffener Arbeitnehmer führe. Der Betriebsbezug des Schwellenwertes sei demnach nicht schon immer dann zu durchbrechen, wenn sich das Unternehmen zwar in mehrere kleine, organisatorisch verselbständigte Einheiten gliedert, insgesamt aber mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen würden. Das liefe auf eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte generelle Gleichsetzung vom Betrieb und Unternehmen hinaus und berücksichtige nicht, dass auch das Bundesverfassungsgericht (Entscheidung vom 27.01.1998, Az.: 1 BvL 15/87) lediglich von Einzelfällen ausgegangen sei, die dem gesetzgeberischen Leitbild nicht entsprechen. Maßgeblich sei vielmehr eine alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehende, wertende Gesamtbetrachtung dahingehend, ob die Anwendung der Kleinbetriebsklausel nach Maßgabe des allgemeinen Betriebsbegriffs unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse dem mit ihr verbunden Sinn und Zweck noch gerecht werde (vgl. BAG, Urteil vom 13.06.2002, Az.: 2 AZR 327/01).

    Diese Entscheidung des BAG ist nicht überraschend und im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Arbeitnehmern dritter Betriebe zur Erreichung des Schwellenwertes. Zusammenzurechnen sind Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen, wenn die Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten, indem sie im Rahmen einer gemeinsamen Arbeitsorganisation unter einer einheitlichen Leitung identische oder verschiedene arbeitstechnische Zwecke verfolgen (vgl. u.a. BAG Urteil vom 16.02.2006, Az.: 8 AZR 211/05; Urteil vom 07.07.2011, Az.: 2 AZR 12/10). Dabei kommt es nicht auf eine räumliche Nähe an. Wenn allerdings die Kriterien für einen Gemeinschaftsbetrieb nicht vorliegen, ist auch Kündigungsschutz nicht gegeben. Insofern kann den Unternehmen nur dringend angeraten werden, selbständige Niederlassungen im Ausland auch als solche zu behandeln, um eine Zusammenrechnung, die eigentlich nicht beabsichtigt ist, zu vermeiden.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 11/16

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