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LAG Berlin Brandenburg: Schadensersatz bei Kündigung einer Schwangeren
Die wiederholte Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde ist nicht nur unwirksam, sondern stellt auch eine verbotene Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne von § 1 AGG dar, so dass gegen den Arbeitgeber ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung entstehen kann.
Kaum zu glauben, aber wahr: Ein Rechtsanwalt kündigte seiner Rechtsanwaltsfachangestellten während der Mutterschutzfrist, weil sie „unentschuldigt“ von der Arbeit ferngeblieben ist und dies auch noch ohne vorherige Zustimmung des zuständigen Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit. Die Rechtsanwaltsfachangestellte wandte sich gegen die Kündigung und begehrte Entschädigung wegen Diskriminierung des Geschlechts. Das Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg, Urteil vom 16.09.2015, Az.: 23 Sa 1045/15, bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin, dass die Kündigung unwirksam sei und sprach der Rechtsanwaltsfachangestellten eine Entschädigung in Höhe von 1.500,00 € zu. Beide Instanzen haben in der gegen § 9 MuSchG verstoßenden Kündigung der Schwangeren eine Benachteiligung wegen des Geschlechts angenommen und festgestellt, dass § 2 Abs. 4 AGG, wonach das AGG nicht für Kündigungen gilt, einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht entgegenstehe. Das Landesarbeitsgericht hat des Weiteren festgestellt, dass eine Kündigung gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin unter Verstoß gegen das Kündigungsverbot des § 9 Abs. 1 MuSchG regelmäßig die Voraussetzungen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot gem. § 7 AGG erfülle. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal Schwangerschaft/Geschlecht sei bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Schwangerschaft anknüpfe oder durch sie motiviert sei. Dabei sei nicht erforderlich, dass die Schwangerschaft das einschließliche Motiv für das Handeln sei, bloße Mitursächlichkeit genüge.
Damit hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsanwalt, der es eigentlich hätte besser wissen müssen, doppelt „bestraft“. Er wurde nicht nur zur Zahlung des Gehaltes der Arbeitnehmerin verpflichtet, sondern musste auch eine weitere Entschädigung bezahlen. An dieser Stelle noch ein Hinweis: Für die die Wirksamkeit einer diskriminierenden Kündigung gelten die Fristen des § 4 KSchG. Allerdings richtet sich die Frist zur Geltendmachung der Entschädigung nach § 15 Abs. 4 AGG und ist mit 2 Monaten wesentlich länger. Das LAG Köln hat bereits in einem Urteil vom 01.09.2009, Az.: 7 Ta 184/09, entschieden, dass bei Versäumung der Frist des § 4 KSchG ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Minderverdienst nicht auf § 5 AGG gestützt werden kann.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/16
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