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Nichtanwendungserlass des BMF v. 12.09.2013: Teilentgeltliche Überführung von Wirtschaftsgütern bei Personengesellschaften und Verhältnis von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG;
Mit zwei Urteilen aus dem Jahr 2012 (vom 21.06.2012, Az.: IV R 1/08 und vom 19.09.2012, Az.: IV R 11/12) hat der BFH der so genannten "Trennungstheorie" bei teilentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft oder auf eine Schwestergesellschaft eine Absage erteilt und sich damit ausdrücklich gegen Tz. 15 des BMF-Schreiben vom 08.12.2011 ausgesprochen.
Außerdem hat der BFH in einem Urteil vom 02.08.2012, Az.: IV R 41/11, entgegen Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 03.03.2005 entschieden, dass auch in zeitlichem Zusammenhang mit einer Überführung eines Wirtschaftsguts auf eine Tochterpersonengesellschaft nach § 6 Abs. 5 EStG eine Übertragung des Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert erfolgen kann.
Entgegen der Erwartung in der Literatur (u.a. Wendt, DB 2013, 834; Prinz/Hütig, DB 2012, 2597) hat die Finanzverwaltung die Urteile nicht zum Anlass genommen, ihre Ansicht zu korrigieren, sondern reagiert mit einem Nichtanwendungsschreiben. In der (wohl unbegründeten Hoffnung) der BFH änderte in zwei derzeit noch anhängigen Verfahren (Az.: X R 2/12 und I R 80/12) seine Ansicht, will die Finanzverwaltung die Urteile über den Einzelfall hinaus bis auf Weiteres nicht anwenden und dementsprechend auch nicht im BStBl. veröffentlichen.
In der Sache geht es um Folgendes: Die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern von einem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft (oder auch zwischen dem Betriebsvermögen des Gesellschafters und dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft) hat zum Buchwert zu erfolgen, wenn sie unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Nach der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung führt auch ein Entgelt (oder die Übernahme von Verbindlichkeiten), das unter dem Buchwert des Wirtschaftsgutes lag, zu einer teilweisen Realisierung der stillen Reserven im Verhältnis des Entgelts zu dem Verkehrswert des Wirtschaftsgutes. Nach Auffassung des IV. Senats des BFH tritt eine Gewinnrealisierung erst dann ein, wenn die Gegenleistung den Buchwert des Wirtschaftsgutes übersteigt. Ist die Gegenleistung niedriger als der Buchwert des Wirtschaftsgutes kann die Übertragung zum Buchwert erfolgen. Die Ansicht des BFH führt damit zu einer erheblichen Ausweitung der Möglichkeit der steuerneutralen Übertragung von Wirtschaftsgütern bei Personengesellschaften und es ist zu hoffen, dass der BFH die Möglichkeit nutzt, seine Ansicht in dem anhängigen Verfahren zu bestätigen.
In dem Urteil vom 02.08.2012 hat der BFH entschieden, dass eine Überführung eines Wirtschaftsguts auf eine Tochterpersonengesellschaft nach § 6 Abs. 5 EStG der anschließenden Übertragung des Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegensteht. Im Streitfall hat der Kläger 80% einer KG Beteiligung auf seine Tochter übertragen. Die verbleibenden 20% hielt er treuhänderisch für seine Tochter. An dem Tag, an dem er das Betriebsgrundstück der KG auf eine von ihm gegründete KG überragen hat, deren alleiniger Kommanditist er war, hat er den Treuhandvertrag über die verbleibenden 20% der KG Beteiligung gekündigt. Das Finanzamt sah in dem Übergang der verbleibenden 20% der KG Beteiligung eine gewinnrealisierende Übertragung, die nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert erfolgen könne.
Eine Übertragung des Mitunternehmeranteils zum Buchwert nach § 6 Abs. 3 EStG kommt nur dann in Betracht, wenn auch das gesamte funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen auf den Rechtsnachfolger übertragen wird. Demnach sind nach allgemeiner Ansicht Veräußerungen und Übertragungen von Wirtschaftsgütern auf Dritte im zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils schädlich. Dies gilt nach Ansicht des BFH aber nicht für eine Übertragung (auch funktional wesentlicher) Wirtschaftsgüter zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG. Die Privilegierungen des § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG stehen nach Ansicht des BFH gleichberechtigt nebeneinander. Die Überführung des Grundstücks auf die neu gegründete KG steht daher der steuerneutralen Übertragung des KG Anteils nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen.
Die Ansicht des BFH erleichtert die Übertragung von Gesellschaftsanteilen unter anderem im Wege der vorweggenommene Erbfolge erheblich, da sie dem bisherigen Anteilseigner ermöglicht, auch funktional wesentliche Wirtschaftsgüter, in der Regel die Betriebsgrundstücke, zeitnah zu der Anteilsübertragung auf eine eigene KG zu übertragen und sich damit die Verfügungsgewalt über das Grundstück bzw. die Mieteinnahmen dauerhaft zu sichern. Demgegenüber sieht das BMF in dem Sachverhalt offensichtlich einen Missbrauch, den es mit Hilfe der so genannten "Gesamtplanrechtsprechung" verhindern will.
Fazit: Es ist zu hoffen, dass der BFH seine Ansichten bestätigt und die Finanzverwaltung danach ihre gegenteiligen Ansichten aufgibt. Mit einer schnellen Entscheidung ist indes nicht zu rechnen. Der BFH hat in dem Verfahren I R 80/12 mit Beschluss vom 10.04.2013 dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG vorgelegt (DStR 2013, 2158). In diesem Beschluss hat der I. Senat mit keinem Wort einen möglichen "Gesamtplan" angesprochen. Insofern besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass der BFH seine restriktive Ansicht zur Gesamtplanrechtsprechung auch im Hinblick auf § 6 Abs. 5 S. 3 und Abs. 3 EStG bestätigen wird.
Solange ist darauf zu achten, dass gegen Steuerbescheide, in denen es um eine teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG oder die Überführung von Wirtschaftsgütern im Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils geht, Einspruch eingelegt wird und die Veranlagung offen gehalten wird. Die Einsprüche ruhen aufgrund der beim BFH anhängigen Verfahren gem. § 363 Abs. 2 S. 2 AO bis zur Entscheidung des BFH.
Uwe Scholz
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 10/13
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