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Vertrieb "gebrauchter" Softwarelizenzen grundsätzlich zulässig
In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) erneut mit der urheberrechtlichen Zulässigkeit des Vertriebs "gebrauchter" Softwarelizenzen befasst.
Das klagende Unternehmen vertrieb ihre Software nicht durch die Übergabe von Datenträgern, sondern bot die Software von ihrer Internetseite zum Download an. Nach den Lizenzverträgen der Klägerin waren die Nutzungsrechte nicht abtretbar.
Die Beklagte handelt mit "gebrauchten" Softwarelizenzen. In der Werbung für ein Angebot "bereits benutzter" Lizenzen für Programme der Klägerin, wies die Beklagte darauf hin, alle Lizenzen seien aktuell, da die Wartung noch bestehe. Die Rechtmäßigkeit des Verkaufs wurde durch ein Notartestat bestätigt, in dem der ursprüngliche Lizenznehmer u. a. bestätigt die Lizenzen nicht mehr zu benutzen und den Kaufpreis vollständig bezahlt zu haben. Die Beklagte veranlasste so ihre Kunden, die Software nach dem Erwerb einer "gebrauchten" Lizenz von der Internetseite der Klägerin auf Datenträger herunterzuladen.
Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Verfahren zunächst für eine Vorabentscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union aufgesetzt und nach Entscheidung des Gerichtshofs mit Urteil vom 03.07.2012, Az.: C-128/11, mit Urteil vom 17.07.2013, Az.: I ZR 129/08, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Nach dem Urteil des BGH vom 17.07.2013 greifen die "Kunden2 der Beklagten durch das Herunterladen der Computerprogramme in das nach § 69c Nr. 1 Urhebergesetz ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Rechte zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot "gebrauchter" Lizenzen zu diesem Eingriff veranlasst, kann sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, falls ihre Kunden nicht zur Vervielfältigung der Programme berechtigt sind. Die Kunden der Beklagten können sich allerdings möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 Urhebergesetz berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher Richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms, so lange nichts anderes vereinbart ist, nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist.
Aus der Entscheidung des EuGH gehe, so der BGH, hervor, dass der Erwerber einer "gebrauchten" Softwarelizenz als "rechtmäßiger Erwerber" einer Programmkopie anzusehen sei, der von dem Vervielfältigungsrecht Gebrauch machen darf, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG erschöpft sei und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers herunter geladenen Programmkopie verbunden sei. Dabei setzte ein Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers herunter geladenen Programmkopie nicht voraus, dass die Beklagte ihren Kunden einen Datenträger mit einer "benutzten" Kopie des Computerprogramms übergebe. Vielmehr könne ein solcher Weiterverkauf auch dann vorliegen, wenn der Kunde die ihm von der Beklagten verkaufte Kopie des Computerprogramms von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers auf seinen Computer herunter lädt.
Die "Erschöpfung" des Verbreitungsrechts des Urheberrechtsinhabers sei nach der Entscheidung des EuGH allerdings von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig. Dazu gehöre u.a., dass der Urheberrechtsinhaber dem Ersterwerber das Recht eingeräumt habe, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen. Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses nach dem entsprechenden Vortrag der Partei prüfen kann, ob die Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
Dr. W. Walchner
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 8/13
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