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    Vorsicht Falle: Anerkennung ausländischer Schiedssprüche

    Unternehmen vereinbaren häufig im Rahmen ihrer internationalen Lieferbeziehungen die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zur Beilegung eventueller Streitigkeiten mit dem Vertragspartner. Nicht selten wird dabei auch die Zuständigkeit eines im Ausland ansässigen Schiedsgerichts vereinbart. Dies wird zu Recht als die vielversprechendere Lösung angesehen als sich der staatlichen Gerichtsbarkeit eines ausländischen Staates zu unterwerfen, wenn ein deutscher Gerichtsstand nicht durchsetzbar ist. Für den Fall einer Fehlentscheidung verlässt sich der deutsche Vertragspartner häufig darauf, dass ein Schiedsspruch vor seiner Anerkennung in Deutschland zunächst einmal von einem deutschen Gericht gemäß § 1061 ZPO für vollstreckbar erklärt werden muss. Es besteht die Vorstellung, im Rahmen dieses Anerkennungsverfahrens könnten Fehler des Schiedsspruches noch „ausgebügelt“ werden. Eine jüngere Entscheidung des BGH bestätigt jedoch enge Grenzen der Möglichkeiten deutscher Gerichte bei der Überprüfung ausländischer Schiedssprüche.

    Der BGH hat sich in seinem Beschluss vom 21.12.2023 – I ZB 37/23, SchiedsVZ 2/2024, S. 115-120, mit einem Fall zu befassen gehabt, in dem ein deutscher Lieferant von technischer Ausrüstung an einen in der Volksrepublik China ansässigen Abnehmer die Zuständigkeit eines nach den Verfahrensregeln der Internationalen Chinesischen Schiedskommission für Wirtschaft und Handel (China International Economic and Trade Arbitration Commission – CIETAC) mit Schiedsort in Shanghai für eine Streitbeilegung vereinbart hatte. Nach Lieferung der technischen Ausrüstung kam es zwischen den Parteien zum Streit darüber, ob der deutsche Lieferant die von ihm geschuldete Leistung vollständig erbracht hatte. Der chinesische Abnehmer bestritt dies und verweigerte die Zahlung eines Teils des Kaufpreises. Das Schiedsgericht in Shanghai hatte im Anschluss an ein Verfahren einschließlich Beweisaufnahme festgestellt, dass der deutsche Lieferant die Verpflichtung zur Lieferung einer abnahmefähigen Maschine nicht erfüllt hatte. Deshalb gab es dem chinesischen Vertragspartner Recht, der eine Feststellung von Minderungs- und Schadenersatzansprüchen beantragt hatte.

    Der vom chinesischen Unternehmen beim Oberlandesgericht in Köln gestellte Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsurteils gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. dem New Yorker Übereinkommen vom 10.06.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche – UNÜ - wurde vom OLG dennoch mit der Begründung zurückgewiesen, der Schiedsspruch sei im Inland nicht anzuerkennen. Es hat im Wesentlichen festgestellt, dass Versagungsgründe im Sinne des Artikel V UNÜ wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Vollstreckbarerklärung entgegenstünden. Liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, ist in der Tat einem Schiedsspruch die Anerkennung zu versagen, wenn die Entscheidung des Schiedsgerichts auf dieser Verletzung beruhen kann, BGH, a.a.O., S. 116, Rz. 13 m.w.N.

    Der BGH stellte zugunsten des deutschen Lieferanten zunächst fest, dass im Schiedsverfahren unterlassene Verfahrensrügen den deutschen Vertragspartner nicht hindern, Versagungsgründe im Verfahren auf Anerkennung des Schiedsspruches geltend zu machen. Obwohl also der deutsche Vertragspartner im Erlassstaat China gegen den Schiedsspruch kein befristetes Rechtsmittel eingelegt hatte, war er nicht gehindert, Gründe für die Versagung der Anerkennung des Schiedsspruches in Deutschland geltend zu machen, BGH, a.a.O., S. 118, Rz. 28 ff. Die Regelung des § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist also auf ausländische Schiedssprüche nicht entsprechend anwendbar, BGH, a.a.O, S. 118, Rz. 28.

    Der BGH hat im Ergebnis gleichwohl die Begründung des Oberlandesgerichts für eine Zurückweisung des Antrags auf Anerkennung des Schiedsurteils für untauglich erklärt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass mit dem Hinweis auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Rahmen der Beweisaufnahme die Vollstreckbarerklärung nicht versagt werden konnte. Der BGH kam zu dem Schluss, dass das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung gar nicht maßgeblich auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, im Rahmen derer sich der deutsche Vertragspartner benachteiligt fühlte, abgestellt hatte. Die vom Schiedsgericht gefällte Entscheidung beruhte also nach Meinung des BGH gar nicht auf der behaupteten Verletzung des Anspruchs des deutschen Vertragspartners auf rechtliches Gehör, welche folglich nicht ursächlich für die Urteilsfindung sein konnte.

    Schließlich stellt der BGH auch noch einmal klar, dass nicht jeder Grund, der gegen die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruches angeführt wird, geeignet ist, die Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruches zu verweigern.

    Maßgeblich ist allein, ob einer oder mehrere der in Art. 5 UNÜ abschließend aufgeführten Versagungsgründe vorliegen. Dies sind im Wesentlichen eine nicht ordnungsgemäße Vereinbarung der Schiedsklausel, eine fehlerhafte Bildung des Schiedsgerichts, eine fehlende Erfassung der Streitigkeit durch die Schiedsklausel, die fehlende Bindungswirkung des Schiedsspruches nach den auf ihn anwendbaren Rechtsvorschriften, eine für den Schiedsspruch maßgebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei sowie der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung des Landes, in dem der Schiedsspruch anerkannt werden soll – „ordre public“, vgl. hierzu und zu den Auswirkungen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör BayObLG, Beschl. v. 18.01.2022 – 101 Sch 60/21.

    Fehlentscheidungen eines Schiedsgerichtes wegen Verletzung anderer Vorschriften einfachen örtlichen Rechts oder Verfahrensfehler im Zusammenhang mit einer Beweisaufnahme, die nicht so schwerwiegend sind wie die in Art V UNÜ aufgelisteten Gründe, können im Rahmen des Anerkennungsverfahrens nicht berücksichtigt werden. Dem steht der Grundsatz entgegen, dass das auf Anerkennung eines solchen Schiedsspruches angerufene Oberlandesgericht nicht zu einer sogenannten „révision au fond“ berechtigt ist. Solche „einfachen“ Fehler, die nicht den Grad der Fehlerhaftigkeit im Sinne der Aufhebungs- und Nichtanerkennungsbestimmungen (Art. 5 UNÜ) erreichen, sind mithin hinzunehmen und können die Vollstreckbarerklärung eines solchen Schiedsspruches nicht verhindern.

    Aus den genannten Gründen hat der BGH die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln aufgehoben und die Sache an dieses zur weiteren Begründung zurückverwiesen. Bei der Vorstellung, im Rahmen eines Verfahrens auf Anerkennung ausländischer Schiedssprüche könnten Entscheidungsfehler noch weitgehend „ausgebügelt“ werden, handelt es sich jedenfalls um eine gefährliche Illusion.

    Dr. Jürgen Hoffmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/24

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