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Wer sich nicht mit seiner D&O Versicherung befasst, wird im Regen stehen
In der anwaltlichen Praxis zur Organhaftung sind zwei Aspekte zu beobachten. Die Anzahl der Haftungsklagen nimmt stetig zu und Organmitglieder haben regelmäßig keine Ahnung, ob und wie weit die D&O Versicherung etwaige Haftungsrisiken abdeckt. Trotz dieser Unkenntnis vom konkret bestehenden Versicherungsschutz ist das Vertrauen auf einen effektiven Versicherungsschutz vielfach ungebrochen. In der Praxis zeigt sich aber, dass dies Vertrauen vielfach nicht gerechtfertigt ist. Eine jüngere Entscheidung des OLG Hamburg (Beschluss v. 8. Juli 2015, Az.: 11 U 313/13, WM 2015, 2330) befasst sich mit den Folgen der Kündigung einer D&O Versicherung ohne Kenntnis des versicherten Organmitglieds. Die Entscheidung und die durch sie ausgelöste Diskussion in Fachpublikationen veranschaulichen die Komplexität einer D&O Versicherung und zeigen, dass Organmitglieder nicht einfach auf das Bestehen einer D&O Versicherung vertrauen dürfen.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Insolvenzverwalter kurz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine zugunsten des Geschäftsführers bestehende D&O Versicherung gekündigt. Den Geschäftsführer hatte er über die Kündigung nicht vorab informiert. Der Insolvenzverwalter nahm in der Folge den Geschäftsführer wegen Insolvenzverschleppung in Anspruch und verlangte Schadenersatz in Millionenhöhe. Der Geschäftsführer verteidigte sich u.a. damit, dass er vom Insolvenzverwalter persönlich die Freistellung von der Schadensersatzforderung verlangte. Durch die unangekündigte Kündigung der D&O Versicherung sah der Geschäftsführer seine Rechte aus seinem Anstellungsvertrag, der eine Verpflichtung zum Abschluss einer D&O Versicherung vorsah, verletzt.
Das OLG Hamburg hat grundsätzlich eine Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Rücksichtnahme auf die Belange der durch die D&O Versicherung geschützten Personen bejaht. Diese aus Sicht eines Organmitglieds zu begrüßende Entscheidung ist jedoch nicht zwingend und ist in der Literatur auf Kritik gestoßen. Ob diese Wertung des OLG Hamburg Bestand haben wird, ist derzeit offen, da der Rechtsstreit beim BGH anhängig ist.
Generell ist für Organmitglieder zu beachten, dass im Falle einer Insolvenz das Fortbestehen der D&O Versicherung grundsätzlich nicht gesichert ist, obwohl gerade in dieser Situation die D&O Versicherung für die Organmitglieder aufgrund der regelmäßig stattfindenden Geltendmachung von Organhaftungsansprüchen von besonderer Bedeutung ist. Empfehlenswert ist daher gerade im Insolvenzverfahren das Fortbestehen der D&O Versicherung nicht aus den Augen zu verlieren und entsprechende Nachfragen an den Insolvenzverwalter oder die Versicherung zu stellen. Sollte der Insolvenzverwalter die Fortführung der D&O Versicherung gegen Übernahme der Kosten anbieten – dies ist in der Praxis öfters zu beobachten – , ist es für Organmitglied oft sinnvoll, diese Kosten zu übernehmen.
Eine vergleichbare Situation besteht auch beim Ausscheiden eines Organmitglieds. Auch in diesen Fällen ist regelmäßig nicht gesichert, dass ein effektiver Versicherungsschutz fortbesteht. Eine Lösung kann hierfür die Vereinbarung von Nachhaftungsfristen sein, die den Verjährungsfristen der Organhaftungsansprüche entsprechen. Solche Regelungen stellen aber die Ausnahme dar und sind daher frühzeitig zu vereinbaren. Organmitglieder sollten sich daher allein aus Eigeninteresse immer eingehend mit der für sie abgeschlossenen oder abzuschließenden D&O Versicherung befassen. Andernfalls wird es oft ein böses Erwachen geben.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/16
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