Newsletter
Absprachen im börslichen Aktienhandel - Strafbarkeit wegen Marktmanipulation
Praktisch jeder der mit Aktien an Börsen handelt, hat eine konkrete Vorstellung davon, dass die Manipulation dieser Märkte durch Scheingeschäfte strafbar ist. Den wenigsten ist aber bekannt, dass auch eine tatsächlich gewollte über die Börse abgewickelte Transaktion staatsanwaltliche Ermittlungen wegen einer Marktmanipulation auslösen kann, wenn der Verdacht besteht, dass eine vorherige Absprache zwischen Käufer und Verkäufer der Transaktion zugrunde liegt.
§ 20a WpHG beschreibt abstrakt Handlungen, die eine Marktmanipulation darstellen und daher verboten sind. Hierzu gehört u.a. auch die Erteilung von Kauf- oder Verkaufaufträgen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Marktpreis zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Diese abstrakte Beschreibung deckt sich auf den ersten Blick noch mit der Vorstellung von einer Marktmanipulation, die Marktteilnehmer in der Regel haben. Bei einem genaueren Blick wird jedoch bereits am Wortlaut deutlich, dass es gerade nicht erforderlich ist, tatsächlich ein falsches oder irreführendes Signal abzugeben bzw. ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Ausreichend ist vielmehr, dass die Eignung hierzu gegeben ist. Dieser bereits hierin zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, die Vielfältigkeit des börslichen Handels und auch den Einfallsreichtum etwaiger manipulativer Marktteilnehmer zu erfassen, schießt letztlich über das Ziel hinaus und führt dazu, dass der Tatbestand der Marktmanipulation praktisch konturenlos wird und sich nicht mehr mit den Vorstellungen der Marktteilnehmer deckt.
Diesen Umstand hat der Gesetzgeber zwar durchaus erkannt und versucht, durch eine Konkretisierungsverordnung den Tatbestand einer Marktmanipulation praktikabel einzugrenzen. Jedoch entfernt sich der Gesetzgeber hierdurch auch stellenweise von den Vorstellungen der Marktteilnehmer, die in der Folge dann von der drohenden Strafbarkeit und den staatsanwaltlichen Ermittlungen überrascht werden.
Nach der Konkretisierungsverordnung wird ein irreführendes Signal bereits dann abgegeben, d.h. die Tathandlung einer Marktmanipulation gilt als festgestellt, wenn Kauf- und Verkaufsaufträge von Marktteilnehmern aufgrund einer vorherigen Absprache zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen abgegeben werden. Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit ist somit die vorherige Absprache, die den anderen Marktteilnehmern verborgen bleibt. Ob die Transaktion tatsächlich gewollt ist oder ob die Preise marktgerecht sind, bleibt insoweit unbeachtet. Ein Block Trade, der über die Börse abgewickelt wird und dem immer eine vorherige Absprache zugrunde liegen dürfte, droht daher den Tatbestand einer Marktmanipulation zu erfüllen.
In der Praxis ist leider zu beobachten, dass die BaFin und die Staatsanwaltschaften solche Handlungen auch tatsächlich aufgreifen und verfolgen. Sie leiten bereits dann ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein, wenn Indizien, z.B. öffentlich bekannte Kontakte, auf eine solche Absprache hindeuten. Der neben der Tathandlung erforderliche Vorsatz wird in aller Regel unterstellt.
Ist erst einmal ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, bedarf es daher in aller Regel einer umfassenden Aufarbeitung des Sachverhalts und einer umfangreichen Argumentation, um die sich einer Schuld regelmäßigen nicht bewussten Marktteilnehmer vor den drohenden Strafen zu bewahren.
Jan Kleinertz
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 8/13
Drucken | Teilen