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    Corporate Social Responsibily – Neue Pflichten und Risiken für Unternehmen und Organe

    Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zur möglichen Haftung der RWE für Folgen des Klimawandels in Peru (vgl. dazu den vierten Beitrag im Newsletter 2/2018) wirft ein Schlaglicht auf die Corporate Social Responsibility – „CSR“. Bislang dachte manch einer, das ist nur eine Spielwiese für Theoretiker. Das hatte sein Ende spätestens seit dem Geschäftsjahr 2017. Seitdem müssen zumal große kapitalmarktorientierte Gesellschaften in ihren Lageberichten zum Jahres- bzw. Konzernabschluss berichten, wie sie bei ihrer Unternehmensführung Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen und Menschenrechten Rechnung tragen und welche Maßnahmen sie zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung ergriffen haben.

    Corporate Social Responsibility wird immer wichtiger für Unternehmen. Es beschreibt nach Vorstellung der Europäischen Kommission „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“. 2011 wurde auf EU-Ebene eine Strategie zur sozialen Verantwortung von Unternehmen entworfen. Daraus ging im Oktober 2014 die CSR-Richtlinie (Richtlinie 2014/95/EU) hervor. Im Mai 2017 hat der deutsche Gesetzgeber die europäischen Vorgaben umgesetzt. Bestimmte große Unternehmen (insbesondere kapitalmarktorientiert mit mehr als 500 Mitarbeiter und große Kapitalgesellschaft i.S.v. § 267 III 1 HGB) müssen nun über nichtfinanzielle Informationen berichten. Erfasst sind nicht nur die nichtfinanziellen Aspekte der Geschäftstätigkeit wie Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange. Die Unternehmen müssen zudem auch ihre Konzepte und Due Diligence-Prozesse erläutern und wesentliche Risiken darlegen.

    In den betroffenen Gesellschaften gehen mit den Berichtspflichten neue Aufgaben für ihre Organe einher. Die Berichterstattung ist in der Aktiengesellschaft Aufgabe des Vorstands. Er muss sich zudem einen gründlichen Überblick über die Relevanz des Themas CSR in seinem Unternehmen verschaffen. Jedenfalls grundlegende Entscheidungen über die CSR-Strategie und deren Umsetzung muss der selbst fassen.

    Der Aufsichtsrat hat die Berichterstattung des Vorstands zu prüfen. Dabei kann er sich nur sehr beschränkt auf den Abschlussprüfer verlassen; denn dieser geht ohne inhaltliche Kontrolle nur der Frage nach, ob es überhaupt eine CSR-Berichterstattung gab. Der Aufsichtsrat kann allerdings selbst eine externe Prüfung der Berichterstattung veranlassen. Er muss darüber hinaus die CSR-relevanten Themen bei der Umsetzung seiner sonstigen Pflichten beachten – wie etwa der Bestimmung zustimmungspflichtiger Geschäfte oder der Vorstandsbestellung.

    Die Pflicht zur CSR-Berichterstattung überwacht das Bundesamt der Justiz. Dies kann bei fehlender oder fehlerhafter Berichterstattung Ordnungsgelder gegen die Vorstandsmitglieder verhängen. Solche Fälle können sogar den Straftatbestand unrichtiger Darstellung begründen, wenn die Geschäftsleitung die Verhältnisse der Gesellschaft im Lagebericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Denkbar sind auch empfindliche Bußgelder, die sich teilweise am Gesamtumsatz und des aus der Ordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteils orientieren.

    Die neuen Pflichten bergen auch sonst noch nicht im Einzelnen überschaubare Risiken für die Gesellschaften und ihre Organe. Dies gilt zumal deshalb, da die Pflichten und ihre Grenzen noch nicht klar konturiert sind und nicht gesichert ist, welche Folgen eine ganz fehlende oder eine fehlerhafte Berichterstattung hat. Der Rechtsausschuss des Bundestages wollte zB einen weitgehenden Ausschluss der Anfechtung in Hinblick auf trotz unzureichender Berichterstattung bzw. Prüfung gefasster Hauptversammlungsbeschlüsse, was nicht zwingend erscheint. Haftungsfolgen für Organmitglieder sind gleichfalls nicht geklärt. Gleiches gilt für die wohl zu verneinende Frage, ob unmittelbar aus der Berichterstattung oder der Pflicht zu dieser inhaltliche Pflichten für die Unternehmen abzuleiten sind. Es bleibt daher abzuwarten, welche Anforderungen an die Umsetzung der Berichtspflichten bzw. deren Überprüfung gestellt werden und welche Sanktionen bei fehlendem oder fehlerhaftem Bericht tatsächlich folgen.

    Abseits der konkret normierten Pflichten hat der neue Stellenwert der CSR Auswirkungen auf die tägliche Arbeit der Geschäftsführung von Unternehmen, unabhängig vom Anwendungsbereich der kodifizierten Berichtspflichten. Indem nichtfinanzielle Aspekte wie Menschenrechte und Umweltthemen stärker in den Fokus rücken, müssen Geschäftsführungsmaßnahmen verstärkt unter Reputationsgesichtspunkten betrachtet werden. Es wird zukünftig eine Kernaufgabe des Leitungsorgans sein, ein effektives Reputationsmanagement zu gewährleisten, um abseits gesetzlicher Sanktionen erhebliche Schäden durch Kursverluste oder Auftragsausfall zu vermeiden.

    Dr. Thomas Heidel

    Dr. Torben Illner

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/18

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