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    Diesel-Abgas-Skandal – PKW-Rückgabe für private Autokäufer bei Finanzierung über Auto-Banken; bei nicht finanzierten Fahrzeugen Rückabwicklung wegen Sachmangels

    In den vergangenen Jahren sind bundesweit Tausende von Immobilien-Darlehen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen gegenüber Verbrauchern rückabgewickelt worden („Widerrufs-Joker“). Auf diese Art und Weise konnten noch laufende Verträge vorzeitig beendet werden, ohne dass hohe Vorfälligkeitsentschädigungen anfielen.

    Eine ähnlich günstige Konstellation besteht jetzt für Tausende privater Autokäufer, die ihr Fahrzeug über Auto-Banken finanziert haben. Denn auch diese Darlehensverträge bedurften einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung. Fehlt diese oder weist sie Fehler auf, gewährt der Gesetzgeber den privaten Kunden ein „ewiges“ Widerrufsrecht. Anders als bei Immobiliar-Darlehensverträgen aus der Zeit vor dem 11.06.2010, für die der Gesetzgeber im vergangenen Jahr eine Ausschlussfrist für die Ausübung von Widerrufen bis spätestens 21.06.2016 gesetzt hatte, können Verbraucher sonstige Darlehen auch heute noch widerrufen. Voraussetzung ist immer, dass die Widerrufsbelehrung einen Fehler aufweist. Das ist sehr oft der Fall, bedarf aber einer genauen Prüfung.

    Für die jetzt aktuell gewordenen Widerrufe von PKW-Finanzierungen ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wichtig: Stammt das Darlehen aus der Zeit vor dem 13.06.2014, hat ein wirksamer Darlehenswiderruf zur Folge, dass die Bank die Anzahlung und sämtliche Tilgungsanteile der Raten zurückerstatten muss, während der Kunde im Gegenzug das Fahrzeug zurückgegeben und für die Zeit der Nutzung eine Nutzungsentschädigung zahlen muss. Abgesehen davon verbleiben der Bank lediglich die Darlehenszinsen, wodurch sich in vielen Fällen ein positiver Saldo zu Gunsten der Kunden ergibt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Fahrleistung mit dem finanzierten PKW bis zur Erklärung des Widerrufs nicht allzu hoch war. Für finanzierte PKW-Käufe ab dem 13.06.2014 muss nach weit verbreiteter Auffassung aufgrund einer Gesetzesänderung im Falle des Widerrufs noch nicht einmal eine Nutzungsentschädigung gezahlt werden.

    Gerade vor dem Hintergrund, dass derzeit verschiedene Städte ein vollständiges Fahrverbot für Dieselfahrzeuge, jedenfalls solche, die nicht die strengste und aktuellste Abgasnorm erfüllen, erwägen, kann ein solcher Darlehenswiderruf des PKW-Finanzierungsvertrags das Mittel der Wahl sein. Es handelt sich hierbei zwar um einen Weg, um sich von dem Fahrzeug zu trennen, der nichts unmittelbar mit manipulierten Abgaswerten zu tun hat. Gleichwohl muss kein Autofahrer davor zurückscheuen, nachdem die PKW-Hersteller mit ausgefeilter „Schummel-Software“ die Abgaswerte manipuliert haben. Die Problematik geschönter Abgaswerte betrifft übrigens nicht nur den Hersteller VW, der nur Autokäufern in den U.S.A. umfangreiche Schadensersatzleistungen gewährt hat, sondern auch zahlreiche andere Hersteller. Betroffen sind vor allem Fahrzeuge mit Dieselmotor, aber nicht nur, weil auch die Abgas- oder Verbrauchswerte von Fahrzeugen mit Benzinmotoren in der Vergangenheit häufig falsch angegeben wurden.

    Wer sein Fahrzeug also über eine PKW-Bank finanziert hat, sollte den Darlehens- oder Leasingvertrag überprüfen lassen, wenn er sich von dem PKW-Kauf lösen will. Bis zur Grenze der „Verwirkung“ (treuwidrige Rechtsausübung) kann ein entsprechender Darlehenswiderruf unter Umständen auch noch erfolgen, wenn das PKW-Darlehen bereits vollständig abbezahlt ist. Selbst wenn der Kunde das Fahrzeug gar nicht mehr besitzt, ist ein Widerruf nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Hat er den PKW etwa verkauft und wegen der Abgasproblematik nur einen geringen Kaufpreis erzielt, kann sich ein Widerruf noch lohnen.

    Für PKW-Käufer, die ihr Fahrzeug nicht über eine Autobank finanziert haben, kommt ein anderer Weg in Betracht: In den letzten Wochen sind Urteile der Landgerichte Arnsberg und Bayreuth rechtskräftig geworden, mit denen die Gerichte entschieden haben, dass Fahrzeuge von VW wegen der Abgasmanipulation einen Sachmangel aufwiesen. Den Klägern wurde deshalb das Recht zugebilligt, die Fahrzeuge gegen Rückerstattung der Kaufpreise und der Zahlung einer Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer zurückzugeben. In der letzten Woche hat auch das Landgericht Bonn angekündigt, in mehr als 10 Fällen ebenso zu entscheiden und den klagenden Autokäufern Recht zu geben.

    Dr. Gerd Krämer

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/17

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