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Diesel-Abgasskandal: Hersteller kann am gleichen Ort verklagt werden wie Händler
Verkäufer und Hersteller eines Kraftfahrzeuges können als Streitgenossen am gleichen Gericht verklagt werden, wenn der Käufer des Fahrzeuges gegen beide gleichartige Ansprüche geltend macht und diese auf dem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhen. Das hat nun der BGH entschieden.
Die Käuferin eines VW-Diesel machte in einer Klage zwei Ansprüche geltend: gegen ihren in Aalen ansässigen Verkäufer (einen Händler) Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufvertrages, gegen die VW AG (Sitz Wolfsburg) als Herstellerin des Fahrzeuges Ansprüche auf Feststellung der Pflicht zur Erstattung von aus der mangelhaften Beschaffenheit der Abgasreinigungseinrichtung des Fahrzeuges resultierenden Schäden. Sie begründet die Klage damit, dass sie das Fahrzeug aufgrund der Angabe der Beklagten zu Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch erworben habe. Die Einrichtungen zur Abgasreinigung seien jedoch mit Wissen und Billigung des Vorstandes der VW AG werkseitig so programmiert worden, dass sie im normalen Fahrbetrieb außer Betrieb gesetzt würden. Das für den Händler zuständige Landgericht Ellwangen verneinte seine Zuständigkeit für die Klage gegen die VW AG. Auf Vorlage durch das Oberlandesgericht Stuttgart hat der BGH entschieden, dass das Landgericht Ellwangen auch für die Klage gegen die VW AG zuständig ist (Az.: X ARZ 303/18).
Der BGH begründet seine Entscheidung so: Händler und VW AG als Herstellerin könnten als Streitgenossen verklagt werden. Denn die Ansprüche stützten sich auf die im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen Gründe, nämlich Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch des verkauften Fahrzeuges und die darauf bezogenen werbenden Äußerungen der VW AG sowie deren Einfluss auf die Kaufentscheidung der Klägerin. Auch rechtlich seien die Ansprüche im Wesentlichen gleichartig; die Herstellerangaben seien nämlich unter kaufrechtlichen und deliktsrechtlichen Gesichtspunkten das wesentliche Anspruchselement. Zwar könnten für einzelne Ansprüche weitere zusätzliche Aspekte (z. B. Gelegenheit zur Nacherfüllung) zu berücksichtigen seien. Diese stünden aber nicht derart im Mittelpunkt. Daher bestehe rechtliche Gleichartigkeit. Für die Bestimmung des Landgerichtes Ellwangen als zuständiges Gericht sprächen Erwägungen der Prozesswirtschaftlichkeit. Der bundesweit auftretenden VW AG sei eine Prozessführung am Sitz des jeweiligen Verkäufers eher zumutbar als dem Käufer eines Fahrzeuges eine Prozessführung am Sitz des Kraftfahrzeugherstellers.
Mit seiner Entscheidung hat der BGH zugunsten von Käufern Rechtssicherheit geschaffen, wenn Händler und Hersteller gleichzeitig verklagt werden.
Ob für die Klage gegen die VW AG auch der Gerichtsstand des § 32 ZPO für Ansprüche aus deliktischer Haftung in Betracht kommen kann, hat der BGH offen gelassen.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 6/18
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