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Internationale Prozessführung: Gerichtsstandvereinbarungen können Torpedo-Klagen unterbinden
Wer vor einem Gericht im europäischen Ausland - insbesondere auf Zahlung - in Anspruch genommen zu werden droht, kann vor dem Gericht seines Heimatlandes auf Feststellung klagen, dass solche Ansprüche nicht bestehen. Für den deutschen Geschäftspartner kann dies sowohl Vor- wie auch Nachteile haben. Ist er schnell genug, die Klage in Deutschland zu erheben, bevor das Verfahren im Ausland beginnt - sog. "Torpedoklage" - kann er zu seinem Vorteil das Streitverfahren jedenfalls zunächst in Deutschland führen. Ist der Gegner schneller, muss er den Prozess zu seinem Nachteil zunächst im Ausland führen. Der europäische Verordnungsgeber hat mit Wirkung ab Januar dieses Jahres die Voraussetzungen für die Zulässigkeit solcher Klagen näher geregelt.
Bereits am 12.12. 2012 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, mit der verschiedene wichtige Bestimmungen der schon seit 2001 bestehenden "EuGVVO" geändert wurden.
Ein Ziel der Reform war die Einschränkung des Instruments der "Torpedoklage". Durch sie kann ein Streitbeteiligter die Austragung eines drohenden Rechtsstreites vor den einheimischen Gerichten erzwingen und dies nach früherer Rechtslage sogar dann, wenn sich im Ergebnis herausstellte, dass das einheimische Gericht gar nicht zuständig war. Diese Prozesstaktik war möglich, da gemäß der Brüssel I-VO nach dem Prinzip "wer zuerst kommt, klagt zuerst" das eigentlich zuständige Gericht aussetzen musste, bis das zuerst angerufene Gericht seine Unzuständigkeit erklärt hatte. Die Folgen waren vor allem dann, wenn das zuerst angerufene Gericht für eine lange Verfahrensdauer bekannt war, langwierige Verfahren mit hohen Kosten und hohen finanziellen Risiken.
Seit diesem Jahr gibt der Gesetzgeber die Möglichkeit, derartige Konstellationen bereits bei Vertragsschluss zu regeln. Neuerdings soll nunmehr für den Fall, dass die Vertragsparteien eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben, ausschließlich das vereinbarte Gericht über die Zuständigkeit entscheiden können, Art. 31 Abs. 2, 3 EuGVVO n.F.
Die Möglichkeit einer zeitlich vorrangigen "Torpedoklage" bleibt somit zwar grundsätzlich bestehen, läuft aber bei wirksamen Gerichtsstandvereinbarungen ins Leere. Denn der vor einem unzuständigen Gericht in Anspruch genommene Prozessgegner kann vor dem tatsächlich zuständigen Gericht den Abschluss einer wirksamen Gerichtsstandvereinbarung mit der Folge geltend machen, dass das von ihm angerufene Gericht das Verfahren nicht aussetzen muss, bis das zuerst angerufene Gericht über seine Zuständigkeit entschieden hat.
Zu beachten ist jedoch, dass die Verordnung in Art. 29 die Voraussetzungen definiert, die eingehalten werden müssen, damit eine wirksame Gerichtsstandvereinbarung festgestellt werden kann, insbesondere ist in der Regel Schriftlichkeit erforderlich. Ob in Fällen, in denen die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung gerade zweifelhaft ist, tatsächlich eine Verbesserung der Verfahrensökonomie eintritt, wird die Erfahrung mit der Neuregelung zeigen.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 9/15
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