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    Kein Recht auf Rechtsanwalt bei der Einsichtnahme in Mitarbeiter-Personalakte

    Arbeitnehmer dürfen jederzeit ohne besonderen Anlass Einsichtnahme in ihre Personalakte verlangen. Sie können ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Sie können allerdings nicht verlangen, dass ein Rechtsanwalt bei der Akteneinsicht dabei ist, zumindest wenn Kopien aus der Personalakte gefertigt werden können.

    Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 12.07.2016, Az.: 9 AZR 791/14, einerseits das Recht des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme in seine Personalakte bestätigt, jedoch gleichzeitig klargestellt, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts hat, vor allem dann nicht, wenn der Arbeitnehmer sich Kopien von Schriftstücken aus seiner Personalakte anfertigen darf. Wie bereits die Vorinstanzen lehnte auch das BAG das Begehren des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung seiner Rechtsanwältin ab. Im Gegensatz zum öffentlichen Dienst (§ 3 Abs. 5 TVöD) fehle es an einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage. Eine solche Grundlage bilden weder der Anspruch aus der Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers noch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Interessen des Arbeitnehmers blieben gewahrt, denn bereits die Kopien versetzen den Arbeitnehmer in die Lage, etwaige Beseitigung- oder Korrekturansprüche durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Eine unmittelbare Sichtung und anwaltliche Beratung im Betrieb sei damit weder erforderlich noch gesetzlich legitimiert.

    Zwar müssen Arbeitgeber nach § 83 Abs. 1 BetrVG während der Arbeitszeit ihren Arbeitnehmern Einsicht in ihre Personalakte gewähren, allerdings weder sofort noch zu jeder Zeit. Die Einsichtnahme darf für den Arbeitnehmer nicht mit Kosten verbunden sein, weder für die Zugänglichmachung an sich noch für die ausgefallene Arbeitszeit. Es ist auch nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestatten muss, Notizen oder Kopien anzufertigen. Dennoch; nach dem BAG-Urteil ist es ratsam, dem Arbeitnehmer diese Möglichkeiten zu gestatten. Wer Betriebsfremde aus der Einsichtnahme vor Ort heraus halten möchte, sollte dem Arbeitnehmer ermöglichen, Kopien zu fertigen.

    In Ausnahmefällen könnte dennoch die Wahrnehmung der Akteneinsicht durch einen bevollmächtigten Dritten nicht zu vermeiden sein, wenn der Arbeitnehmer selbst über einen längeren Zeitraum verhindert sei, sein Akteneinsichtsrecht selbst persönlich wahrzunehmen, z. B. während einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit oder längeren Auslandseinsätzen (vgl. LAG Schleswig - Holstein, Urteil vom 17.04.2014, Az.: 5 Sa 385/13). Ähnlich dürfte es auch bei beschränkt geschäftsfähigen Arbeitnehmern (Minderjährigen) sein. Das bleiben jedoch die Ausnahmefälle.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 10/16

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