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    LG Frankfurt: Vorstandsabberufung im Fall Commerzbank nichtig

    Die eigenverantwortliche Stellung von Vorstandsmitgliedern schlägt sich auch darin nieder, dass der Aufsichtsrat die Bestellung nach § 84 Abs. 3 AktG nur aus wichtigem Grund widerrufen kann. Einen solchen wichtigen Grund kann er nicht allein dadurch schaffen, dass er eine Verkleinerung des Vorstands beschließt.



    Im Zuge des erheblichen Personalabbaus bei der Commerzbank beschloss der Aufsichtsrat - wohl auf Initiative des Vorstandsvorsitzenden - aus optischen Gründen auch den bislang mit neun Mitgliedern besetzten Vorstand um zwei Positionen zu verkleinern. Da eines der beiden betroffenen Vorstandsmitglieder zu einer freiwilligen Beendigung des Vorstandsamtes nicht bereit war, beschloss der Aufsichtsrat den Widerruf seiner Bestellung. Eine Kündigung des schuldrechtlichen Anstellungsvertrages erfolgte nicht. Das LG Frankfurt hat mit Entscheidung vom 22.04.2014, Az.: 3-05 O 8/14, die Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses über die Abberufung des Vorstandsmitgliedes festgestellt. Dies überzeugt. Nach § 84 Abs. 1, 3 AktG darf der Aufsichtsrat die für eine feste Zeit bestellten Vorstandsmitglieder nur aus wichtigem Grund abberufen. Dies dient dem Zweck, die Leitungsautonomie des Vorstands auch gegenüber dem Aufsichtsrat abzusichern, der sich den Vorstand nicht durch Androhung freier Abberufung gefügig machen können soll. Als wichtige Gründe nennt das Gesetz in § 84 Abs. 3 S. 2 AktG beispielhaft die grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, sofern dieses nicht aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dabei handelt es sich ersichtlich um personenbezogene Gründe die vorliegend nicht gegeben waren. Dies schließt es zwar nicht aus, dass im Einzelfall auch "betriebsbedingte" wichtige Gründe für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds bestehen können. Doch ist in derartigen Fällen, wie das Landgericht zutreffend betont, bei der Annahme eines wichtigen Grundes besondere Zurückhaltung geboten. Denn ansonsten wäre der Aufsichtsrat darin frei, sich einen wichtigen Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds stets selbst durch den Beschluss über die Verschlankung des Vorstands zu schaffen. Deswegen ist über die Verschlankungsentscheidung hinaus zu fordern, dass der Gesellschaft ein Festhalten an der Bestellungsentscheidung bis zum Ablauf der Bestellungsperiode unzumutbar ist, wofür vorliegend keine Gründe gegeben waren.



    Gleichwohl ist das Vorstandsmitglied mit seinem Rechtsschutzbegehren nicht in vollem Umfang durchgedrungen. Keinen Erfolg hatte es nämlich mit dem von ihm geltend gemachten Anspruch, auch tatsächlich weiterhin als Vorstandsmitglied beschäftigt zu werden. Das Landgericht verwies insoweit auf den Wortlaut des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG, wonach der Widerruf der Bestellung zum Vorstand wirksam ist, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Nur die rechtskräftige Feststellung der Unwirksamkeit führe zum Wiederaufleben des Organverhältnisses. Bis aber eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, kann es bekanntlich eine Weile dauern.



    Da damit die eigentlich angestrebte Absicherung der eigenverantwortlichen Vorstandsposition konterkariert zu werden droht, stellt sich die Frage, ob im Wege einstweiligen Rechtsschutzes Abhilfe geschaffen werden kann. Dies wird bislang in der Literatur nur für den Fall vertreten, dass die Abberufungsentscheidung einen formalen Fehler aufweist. Weil es einen solchen nicht feststellen konnte, hat das Landgericht dem Weiterbeschäftigungsanspruch auch im parallel geführten einstweiligen Verfügungsverfahren nicht stattgegeben. Das ist im Ergebnis wenig befriedigend, weil der Beschäftigungsanspruch dann selbst in solchen Fällen leer läuft, in denen das Fehlen eines wichtigen Grundes evident ist. Es liegt nahe, im Interesse der vom Gesetz angestrebten Stärkung der eigenverantwortlichen Stellung des Vorstands zumindest auch in derartigen Evidenzfällen einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren (siehe dazu näher Heidel, AG Report 2013, R341).



    Sebastian Schödel

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/14

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