Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

    Newsletter

    Licht im Tunnel: Regierung nimmt neuen Anlauf zur Entschärfung der Vorsatzanfechtung im Insolvenzfall

    Bereits einige Jahre alt sind die Bestrebungen aus vielen Teilen der Wirtschaft, die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters zur Anfechtung von Vermögensdispositionen wegen angeblich vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung zu beschränken. Stein des Anstoßes ist insbesondere der Umstand, dass sogar Handlungen mit dieser Begründung angefochten werden können, die bis zu 10 Jahre vor Insolvenzantragstellung vorgenommen wurden. Die Regierung hat jetzt den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz vorgelegt.



    Gemäß § 133 der Insolvenzordnung (InsO) können Insolvenzverwalter Handlungen des Insolvenzschuldners, insbesondere Vermögensdispositionen zu Gunsten einzelner Gläubiger anfechten, die bis zu 10 Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen wurden, wenn sie den an dem Geschäft Beteiligten vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung nachweisen können. Der BGH hat in mehreren Entscheidungen während der letzten Jahre die Voraussetzungen für den Nachweis einer vorsätzlichen Handlung immer weiter heruntergeschraubt. U.a. soll es ein kaum zu widerlegendes Indiz für eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung sein, wenn der spätere Insolvenzschuldner um Zahlungserleichterungen wie z. B. Ratenzahlungsmöglichkeiten oder Stundungen außerhalb der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs bittet.



    Auf massiven Druck der Wirtschaft sind inzwischen mehrere Anläufe seitens des Gesetzgebers erfolgt, diese Situation zu entschärfen. Inzwischen liegt ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung aus September 2015 vor, der die genannte Haftung deutlich abmildern soll. In zwei neuen, den § 133 InsO anzufügenden Absätzen soll klargestellt werden, dass die Vorsatzanfechtung auf 4 Jahre verkürzt ist, wenn die anzufechtende Handlung insbesondere in der Begleichung von Verbindlichkeiten besteht. Wer sich also einen Kaufpreis für gelieferte Gegenstände bezahlen lässt, muss nach Ablauf von 4 Jahren nicht mehr befürchten, dass ein Insolvenzverwalter erfolgreich die Kaufpreiszahlung mit der Begründung anfechten kann, der Gläubiger habe gewusst, dass der Schuldner bereits insolvenzreif war. Allerdings war in der Praxis die Ausschöpfung der 10 Jahresfrist eher selten. Außerdem soll in einem weiteren Absatz 4 zu dieser Vorschrift klargestellt werden, dass die Gewährung von Zahlungserleichterungen durch Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarungen gerade nicht eine vorsätzliche Handlung indiziert, sondern im Gegenteil die Vermutung begründet, dass der Gläubiger nicht vorsätzlich gehandelt hat.

    Ob diese Änderungen die geschilderte Problematik in der Tat deutlich entschärfen und insbesondere der zuständige neunte Zivilsenat bei Ratenzahlungsvereinbarungen außerhalb der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs die Vermutung nicht einfach als widerlegt ansieht, bleibt aber abzuwarten.



    Dr. Stefanie Deckers
    Dr. Jürgen Hoffmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 11/15

    Drucken | Teilen



    Ähnliche Artikel

    Vorsicht bei Leistungen an säumige Schuldner: weitere Rechtsprechung des BGH zur Vorsatzanfechtung im Insolvenzfall

    Wie gefährlich es sein kann, Zahlungen von bekanntermaßen dauerhaft säumigen und schleppend zahlenden Schuldnern entgegenzunehmen, die später insolvent werden, hat sich inzwischen herumgesprochen. Kann der Zahlungsempfänger nicht beweisen, dass er beim Empfang der Zahlung nicht erkannt hat, dass der Schuldner mit dem Vorsatz handelte, die übrigen Gläubiger zu benachteiligen, besteht das Risiko, dass der Insolvenzverwalter solche Zahlungen nach Insolvenzeröffnung anficht und dies selbst dann, wenn die betreffende Zahlung bis zu zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist. Zu dieser Rechtsfolge aus § 133 InsO muss neuere Rechtsprechung des BGH zu weiterer Verunsicherung führen.