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OLG Stuttgart zu Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes ("Piech")
Das OLG Stuttgart hat unlängst die Anforderungen an die Überwachungspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern konkretisiert. Das Urteil befasst sich insbesondere mit der Frage, wann eine gesteigerte Überwachungspflicht eines Aufsichtsratsmitgliedes besteht und was das Aufsichtsratsmitglied zu tun hat, um diese zu erfüllen.
Die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 29.02.2012, Az. 20 U 3/11, betrifft die Porsche Automobil Holding SE. Deren Vorstand hatte beschlossen, unter anderem mittels des Einsatzes von Options- bzw. Derivatgeschäften die Beteiligung an der Volkswagen AG auszubauen. P., Mitglied des Porsche-Aufsichtsrates, hatte diesbezüglich öffentlich erklärt, er habe sich keine Klarheit über die Optionsgeschäfte von Porsche verschaffen können und wisse nicht, wie hoch die Risiken aus diesen Geschäften für Porsche seien.
Das OLG Stuttgart hat auf der Grundlage dieser Aussage festgestellt, dass P. seine Pflichten als Aufsichtsratsmitglied verletzt habe. Ihn habe als Aufsichtsratsmitglied bezüglich der Options- bzw. Derivatgeschäfte eine Überwachungspflicht von gesteigerter Intensität getroffen. Zur Begründung dieser gesteigerten Überwachungspflicht stellt das Gericht maßgeblich darauf ab, dass die betreffenden Derivatgeschäfte dem Aufbau einer unternehmerischen Beteiligung an der Volkswagen AG gedient habe und dass diese Beteiligung für die strategische Ausrichtung von Porsche bedeutsam gewesen sei. Die Intensivierung der Kontroll- und Überwachungspflicht habe für alle Aufsichtsratsmitglieder eine Pflicht zur selbständigen Risikoabschätzung zur Folge gehabt. Jedenfalls bei besonders bedeutsamen Geschäften, die zu einer Intensivierung der Überwachungspflicht führten, könne sich ein Aufsichtsratsmitglied nicht auf die Entgegennahme der Informationen des Vorstandes beschränken. Stattdessen habe es selbständig den relevanten Sachverhalt vollständig und richtig zu erfassen und sich ein eigenes Urteil darüber zu bilden. Diese Pflicht treffe nicht nur den Aufsichtsrat als Gesamtorgan, sondern jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied persönlich.
Praxishinweis: Eine gesteigerte Überwachungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder kann sich nicht nur - wie in dem vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall - aus der besonderen strategischen Bedeutung eines Geschäfts, sondern auch aus den mit diesem für die Gesellschaft verbundenen Risiken ergeben. Zudem besteht eine gesteigerte Überwachungspflicht in der Krise der Gesellschaft sowie im Vorfeld einer drohenden Krise.
Ist das Aufsichtsratsmitglied im Falle des Bestehens einer gesteigerten Überwachungspflicht nicht in der Lage, den Sachverhalt eigenständig zu erfassen oder zu beurteilen, muss es entweder - ggf. durch Berichtsanforderung nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG - weitere Sachverhaltsinformationen vom Vorstand einholen oder sich die für eine Beurteilung notwendigen Kenntnisse beschaffen. Ggf. muss es auf die Hinzuziehung externer Berater durch das Gesamtorgan nach § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG hinwirken. Keinesfalls darf das Aufsichtsratsmitglied das betreffende Geschäft ohne eigene Sachverhaltserfassung und -beurteilung einfach billigen.
Dr. Matthias Schatz
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 10/12
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