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Organmitglieder können aufatmen: Keine Beweiserleichterung für Arbeitnehmer bei Schadensersatzansprüchen wegen Insolvenz
In Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit der Insolvenz einer GmbH weiter an strenge Voraussetzungen geknüpft. Für die Haftung der Organmitglieder reiche das eigenwirtschaftliche Interesse am Erhalt einer Organposition nicht aus.
Der Kläger richtete seine Klage gegen die Geschäftsführer sowie den Vorstandsvorsitzenden der früheren Muttergesellschaft einer insolventen GmbH, weil er aufgrund eines Sozialplans eine Abfindung hätte erhalten sollen, die wegen der Insolvenz nicht mehr zur Auszahlung kam. Vielmehr musste er die Abfindung zur Insolvenztabelle anmelden, so dass der Kläger nur 3 % seiner angemeldeten und festgestellten Abfindungsforderung bekam. Der Kläger meinte, die Beklagten hafteten unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung, der Verletzung höherer Informationspflichten sowie wegen unerlaubter Handlungen, insbesondere durch gemeinsam begangene schuldhafte Insolvenzverschleppung und wegen Eingehungsbetrugs, da zu dem Zeitpunkt, an dem der Sozialplan geschlossen wurde, bereits Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hätten.
Das Bundesarbeitsgericht hat im Einklang mit den Instanzgerichten in seiner Entscheidung vom 20.03.2014, Az.: 8 AZR 45/13, die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat eine mögliche Haftung wegen Verletzung vertraglicher Pflichten und zwar solche aus dem Arbeitsvertrag, dem Aufhebungsvertrag oder § 280 ff., 241 Abs. 2 BGB, bereits deshalb abgelehnt, weil zwischen den Parteien des Rechtsstreits keine Vertragsbeziehung bestünde. Die Beklagten hätten in keinem der Verträge eine persönliche Einstandspflicht begründen wollen.
Eine persönliche Haftung nach den Grundsätzen der Sachwalterhaftung könne ausnahmsweise wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in Frage kommen, wenn der Sachwalter und der Vertreter die Verhandlungen oder den Vertragsschluss in unmittelbarem eigenem wirtschaftlichem Interesse herbeigeführt und dadurch, dass er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen habe, erheblich beeinflusst habe, selbst wenn der Sachwalter nicht Vertragspartei war. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagten im streitgegenständlichen Fall keine Erklärung dahingehend abgegeben hatten, dass sie selbst in eigener Person für die im Sozialplan niedergelegten Abfindungen einstehen wollten. Das allgemeine Interesse als Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzender am Erfolg des Unternehmens begründe keine Eigenhaftung.
Das Bundesarbeitsgericht hat deliktische Ansprüche wegen Eingehungsbetrugs beim Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans sowie wegen Verletzung eines absoluten Rechts am Arbeitsplatz abgelehnt, da es im streitgegenständlichen Fall an einer Verletzungshandlung - einem zielgerichteten rechtswidrigen Eingriff - fehle. Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht explizit offengelassen, ob überhaupt ein Recht am Arbeitsplatz im Sinne eines räumlich-gegenständlichen Bereichs oder das Recht am Arbeitsverhältnis im Sinne eines allgemeinen Verfügungsrechts des Arbeitnehmers als absolutes Recht anzuerkennen sei.
Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht deliktische Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung geprüft. Dabei hat das Gericht in Fortsetzung seiner sowie der zivilrechtlichen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass der objektive Tatbestand der Insolvenzverschleppung ein Verschulden vermutet lasse, wenn die Insolvenzreife erkennbar sei. Der Geschäftsführer könne allerdings der Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die objektiv bestehende Antragspflicht nicht schuldhaft verletzt habe, dadurch genügen, dass er einer ständigen Prüfungs- und Beobachtungspflicht nachgekommen sei, indem er bspw. unabhängigen, fachlich qualifizierten Rat eingeholt hat, auf den er sich verlassen durfte. Solchen Sorgfaltspflichten und Obliegenheiten seien nach der streitgegenständlichen Entscheidung die Beklagten nachgekommen, indem sie als Insolvenzberater einen Anwalt hinzugezogen haben.
Es erscheint auf den ersten Blick unüblich, dass die Haftung von Organmitgliedern vor den Arbeitsgerichten verhandelt wird. Sobald der Anspruchsinhaber ein Arbeitnehmer ist, ist dies der einschlägige Rechtsweg, der für die Organmitglieder aufgrund der fehlenden Kostenerstattung in der 1. Instanz finanzielle Risiken bedeutet. Das Bundesarbeitsgericht setzt sich sehr vertieft mit den einzelnen möglichen Haftungstatbeständen auseinander, was deutlich zeigt, dass eine Haftung der Organmitglieder theoretisch möglich ist.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 10/14
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