Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

    Newsletter

    Rechtserhaltende Benutzung eines Unternehmenskennzeichens trotz fehlender behördlichen Erlaubnis

    In einem kürzlich ergangenem Urteil hat sich der BGH mit der Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer Firmenbezeichnung i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG befasst.

    Die Klägerin, eine GmbH, war seit 2007 in der Branche der Arbeitnehmerüberlassung tätig und im Handelsregister mit der Firma „MT-PERFECT GmbH“ eingetragen. Die Klägerin wendet sich gegen die Nutzung der Geschäftsbezeichnung „MT:P-Service GmbH“. Ab Oktober 2011 soll die Beklagte auch das Zeichen „MT:PERFECT GmbH“ im Internet genutzt haben. Die Klägerin war in der Folgezeit nur in erheblich reduziertem Umfang im Geschäftsverkehr tätig. Sie hatte vorgetragen, ihr Geschäftsbetrieb sei zwar im September 2011 nahezu zum Erliegen gekommen, sie sei aber nach wie vor geschäftlich tätig und um einen Neuaufbau ihres Unternehmens bemüht gewesen. Sie habe versucht, neue Geschäftsräume anzumieten, ihre finanziellen und steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen und habe Schriftwechsel mit einem Softwareanbieter und einem Internetprovider geführt. In der Klage macht sie firmenrechtliche Ansprüche gegen die Nutzung der Unternehmenszeichen der Beklagten geltend.

    Das Landgericht hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das OLG hat zur Begründung ausgeführt, die Kennzeichenrechte der Klägerin seien im Zeitpunkt der von ihr geltend gemachten Verletzungshandlung am 02.10.2011 bereits erloschen gewesen. Von einer nur vorübergehenden Benutzungsunterbrechung, die nicht zum Löschen der Kennzeichenrechte führe, könne nicht ausgegangen werden. Die Klägerin habe mit dem Ausscheiden ihrer Geschäftsführerin im September 2011 die für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung erforderlich behördliche Genehmigung verloren und habe sich nicht unverzüglich um eine neue behördliche Erlaubnis bemüht.

    Der BGH hat festgestellt, dass die Klageansprüche mit dieser Begründung nicht versagt werden können. Der Schutz des Unternehmenskennzeichens entfalle regelmäßig mit der Aufgabe des hierdurch bezeichneten Betriebs. Einer Betriebsaufgabe stehe eine wesentliche Änderung des Betriebs gleich, die dazu führe, dass der Verkehr den neuen Betrieb nicht mehr als Fortsetzung des alten ansieht. Ausnahmsweise gehe der Schutz nicht verloren, wenn der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt werde, jedoch in seinem für die Wiedereröffnung wesentlichen Bestand erhalten bleibe und die Absicht sowie die Möglichkeit bestehe, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, so dass die Stilllegung nach der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung noch als vorrübergehende Unterbrechung erscheinte. An die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichens i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG erforderliche Zeichenbenutzung seien keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen.

    Das Unternehmenskennzeichen entstehe, so der BGH, im Falle einer originär kennzeichnungskräftigen Bezeichnung durch ihre tatsächliche namensmäßige Benutzung, die auf dem Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lasse, ohne dass das Zeichen schon ein bestimmtes Maß an Anerkennung im Verkehr gefunden haben müsse. Die Entstehung des Unternehmenskennzeichens setze nicht voraus, dass das Unternehmen bereits gegenüber allen Marktbeteiligten oder auch nur seinen künftigen Kundenkreisen in Erscheinung getreten sei. Liege eine nach diesem Maßstab hinreichend tatsächliche Benutzung des Zeichens vor, scheitere die Begründung eines Unternehmenskennzeichens nicht daran, dass es an einer auf den Gegenstand des Geschäfts bezogenen behördlichen Erlaubnis fehlte. Auch für die Aufrechterhaltung des Kennzeichens seien damit tatsächliche Benutzungshandlungen hinreichend, sofern sie auf eine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung schließen lassen.

    Nach dem BGH lasse das Fehlen einer für den Geschäftsbetrieb erforderlichen behördlichen Erlaubnis oder mangelndes Bemühen um ihre Erlangung für sich genommen nicht den Schluss zu, es liege keine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung vor, die zur Entstehung oder Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrecht i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG führe. Die von der Klägerin geltend gemachten Benutzungshandlungen - Verlegung des Firmensitzes, Verfolgung von Forderungen sowie Korrespondenz mit Banken, einem Makler und Dienstleistungsunternehmen der Internet- und Computerbranche sowie die Erhebung der vorliegenden Klage - sprächen für ein Fortdauern der wirtschaftlichen Betätigung unter Verwendung der hier in Rede stehenden Unternehmenskennzeichen bis zum Zeitpunkt der Löschung der Klägerin aus dem Handelsregister am 04.06.2013.

    Der BGH hat daher die Entscheidung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an die Berufungsinstanz zurückverwiesen.

    Diese Entscheidung gibt einen guten Anlass, sich grundsätzliche Gedanken über die rechtserhaltende Nutzung der eigenen Marken- und Firmenbezeichnungen zu machen und insbesondere für eine hinreichende Dokumentation der Nutzungshandlungen in der Vergangenheit Sorge zu tragen.

    Dr. Wolfgang Walchner

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 9/16

    Drucken | Teilen