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    Schadensersatz für Kunden eines Kartells

    Kunden eines Kartells können ihren durch die Kartellbildung entstandenen Schaden ersetzt verlangen. Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Hannover bestätigt die allgemeine Tendenz, dass auch die Instanzgerichte einer solchen Schadensersatzklage offen gegenüber stehen. Diese Schadensersatzansprüche werden weiter an Bedeutung gewinnen. Bei Kenntnis von einem Bußgeldbescheid gegen einen Lieferanten haben Kunden eines Kartells daher sorgfältig zu prüfen, ob sie nicht ihren Schaden geltend machen wollen.

    Das Urteil des Landgerichts Hannover ist das erste Urteil zum Kartellschadensersatz im Zusammenhang mit dem Lkw-Kartell. Die führenden Anbieter von Lkws hatten zwischen 1997 und 2011 ein Kartell gebildet und insbesondere die Bruttolistenpreise untereinander abgesprochen. Die Europäische Kommission verhängte gegen die Kartellmitglieder eine Rekordgeldbuße in Höhe von insgesamt 3.81 Mrd. Euro. Die Stadt Göttingen klagte nun gegen MAN auf Ersatz des Schadens, der ihr durch den Erwerb von aufgrund des Kartells überteuerten Fahrzeugen entstanden sei. Das Landgericht Hannover hat die Klage im Wesentlichen als dem Grunde nach berechtigt erachtet und nur die Höhe des Schadensersatzes einem nachfolgenden Betragsverfahren überlassen.

    Das Landgericht Hannover hat bei seiner Entscheidung über die Kartellschadensersatzklage überwiegend klägerfreundliche Positionen vertreten. So hat es im Wege eines Anscheinsbeweises festgestellt, dass das Lkw-Kartell sich preissteigernd ausgewirkt hat (nach der Neuregelung durch die 9. GWB-Novelle entspricht dies auch der Gesetzeslage). Zudem hat es diesen Anscheinsbeweis auch auf die Kartellbefangenheit der während der Teilnahme des Lkw-Herstellers am Kartell getätigten Fahrzeugkäufe erstreckt. Durch diese Annahme des Anscheinsbeweises oblag es dem Lkw-Hersteller, darzulegen, dass die betroffenen Geschäfte gerade nicht Gegenstand der Kartellabsprachen waren und diese daher keine Auswirkungen auf die Preise bei den betroffenen Geschäften hatten. Dieser Nachweis gelang MAN nicht und wird generell auch für ein Kartellmitglied schwierig sein.

    Problematisch bei Kartellschadensersatzklagen ist vor allem der Nachweis der Schadenshöhe. Insbesondere die öffentliche Hand begegnet dieser Problematik mit Klauseln zur Pauschalierung des Schadensersatzes in ihren Vergabebedingungen. Das Landgericht Hannover hat eine solche Klausel als wirksam bewertet, da der Pauschalbetrag nicht über dem gewöhnlich zu erwartenden Schaden liege und es dem Lkw-Hersteller offenstand, einen niedrigeren Schaden nachzuweisen.

    Weiterhin hat das Landgericht Hannover auch den sogenannten „passing-on“ Einwand abgelehnt. Dieser Einwand zielt darauf, dass der aufgrund des Kartells erhöhte Preis durch den Kartellkunden an seine Kunden weitergereicht würde. Das Landgericht Hannover verneint diesen Einwand im konkreten Fall, weil es bei den streitgegenständlichen Tätigkeiten der Stadt Göttingen (Stadtreinigung und Entsorgungsbetrieb) keinen Anschlussmarkt gebe. Die Gebührenkalkulation unter Einbeziehung der überhöhten Fahrzeugpreise reiche für diesen Einwand nicht aus, da neben der Kostendeckung bei der Gebührenkalkulation auch weitere Zwecke verfolgt würden.

    Abschließend hat das Landgericht Hannover auch eine Verjährung der Ansprüche verneint, da die Geschädigten erst mit Erlass des Bußgeldbescheids Kenntnis von den anspruchs­begründenden Umständen erlangt hätten und die absolute Verjährung aufgrund der durch das Ermittlungsverfahren eingetretenen Verjährungshemmung nicht eingetreten sei.

    Jan Kleinertz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/18

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