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    Betriebsübergang: Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang

    Sieben Jahren nach einem Betriebsübergang besteht kein Anspruch mehr auf eine Rückkehr zum alten Arbeitgeber. Bei nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung verwirkt der Arbeitnehmer nach dieser Zeit regelmäßig das Widerspruchsrecht gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber, wenn er die grundlegenden Informationen über den Betriebsübergang schriftlich erhalten hat. Das hat jüngst das Bundesarbeitsgericht entschieden.

    Im Fall des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 24.08.2017, Az.: 8 AZR 265/16, unterrichtete der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer 2007 formal zutreffend (sogenannte Textform, d.h. schriftlich, Unterschrift nicht erforderlich, E-Mail genügt) über einen anstehenden Betriebsübergang. Der spätere Kläger widersprach dem Betriebsübergang nicht und arbeitete seitdem beim neuen Arbeitgeber, auf den der Betrieb übergegangen war. 2011 gab es einen Arbeitsgerichts-Prozess. Den betrieb ein anderer, auch vom Betriebsübergang betroffener Arbeitnehmer. Dabei stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Unterrichtungsschreiben nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprach (§ 613a Abs. 5 BGB). Der Kläger widersprach erst 2014 dem Betriebsübergang; er meinte, wegen der fehlerhaften Unterrichtung habe die Frist für den Widerspruch gegen den Betriebsübergang nicht zu laufen begonnen. Nach dem Gesetz kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen (§ 613a Abs. 6 BGB).

    Das Bundesarbeitsgericht hält in seinem Urteil an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung die Frist für den Widerspruch in Lauf setzt. Irrelevant ist, ob der Arbeitnehmer wegen der falschen Unterrichtung dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen hat; die falsche Unterrichtung braucht nicht kausal zu sein. Jedoch dürfe der Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht nur nach Treu und Glauben ausüben und könne es verwirken. Die Verwirkung beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes; sie dient Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung eines Anspruchs oder Rechts für den anderen Vertragspartner unzumutbar machen, desto schneller kann diese verwirken. Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer für den Erwerber des Betriebs unwidersprochen gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment.

    Das Bundesarbeitsgericht wiederholt im aktuellen Urteil seine Rechtsprechung, dass die bloße widerspruchslose Tätigkeit des Arbeitnehmers beim neuen Betriebsinhaber allein nicht zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führt. Anders sei es, wenn der Arbeitnehmer eine sogenannte „grundlegende Information“ vom alten oder neuen Arbeitgeber über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses erhalten hat. Diese Information müsse folgende Details nennen: den (geplanten) Zeitpunkt des Betriebsübergangs sowie ihren konkreten Gegenstand; den Betriebsübernehmer; die Belehrung über das Widerspruchsrecht. Voraussetzung ist zudem die Einhaltung der sogenannten „Textform“. Liegt eine solche Information der Arbeitnehmer vor, kann die späte Geltendmachung des Widerspruchsrechts mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten unzumutbar sein. Nach dem Gericht begründet bei dem bisherigen Arbeitgeber eine Weiterarbeit bei dem neuen Betriebsinhaber von sieben Jahren regelmäßig ein schutzwürdiges Vertrauen, dass sein Ex-Arbeitnehmer den neuen Betriebsinhaber endgültig als seinen Arbeitgeber akzeptiert und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

    Wichtig für die Praxis ist, dass das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich einen Dreijahreszeitraum (übliche Verjährungsfrist nach § 195 BGB) als zu kurz und den Zehnjahreszeitraum (Anfechtungsfrist nach § 121 Abs. 2 BGB) als zu lang ansieht. Wenn der Arbeitnehmer durch die grundlegenden Informationen sachlich korrekt unterrichtet wurde und beim neuen Inhaber weiterarbeitet, muss irgendwann Rechtssicherheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses bestehen. Dies ist nunmehr nach sieben Jahren: Rechtssicherheit braucht Weile!

    Nicht nachvollziehbar ist, dass das Bundesarbeitsgericht – anders als das Landesarbeitsgericht München als zweite Instanz – dem Umstand bei der Beurteilung der Verwirkung keine Bedeutung gibt, dass der Kläger den Widerspruch erst drei Jahre nach Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung erklärt hat. Die Weiterarbeit beim neuen Arbeitgeber trotz positiver Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung sollte im Rahmen der Beurteilung des Umstandsmoments nicht gänzlich unbeachtet bleiben. Denn gerade dieser Umstand erweckt beim alten Arbeitgeber berechtigt den Eindruck, dass sein Ex-Arbeitnehmer bei seinem neuen Arbeitgeber bleiben will, obwohl er nicht ordnungsgemäß unterrichtet wurde. Jahre später sich auf die nicht ordnungsgemäße Belehrung sich berufen zu können, dient nicht der Rechtssicherheit.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/18

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