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    Easy Software AG obsiegt mit MH&P in zwei Verfahren vor dem BGH

    Der BGH hat zugunsten der börsennotierten Easy Software AG zwei Organhaftungsklagen gegen ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder entschieden. Beide Verfahren initiierte Dr. Thomas Heidel als besonderer Vertreter. MH&P vertrat die Gesellschaft als Prozessbevollmächtigte.

    Im ersten Verfahren ging es um Ansprüche der Easy Software AG wegen der Übernahme einer Bürgschaft zur Absicherung eines fremden Bankdarlehens, das eine nicht-konzernzugehörige GmbH aufgenommen hatte; dieses Bankdarlehen zahlte die Easy Software AG zurück. Die GmbH gehörte dem herrschenden Aktionär und damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Easy Software AG. Die GmbH hat der Easy Software AG die Rückzahlung des Bankdarlehens nicht erstattet. Die Easy Software AG klagte gegen die GmbH, ihr zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme amtierendes Vorstandsmitglied und den damals herrschenden Aktionär, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender war. Das Landgericht Duisburg verurteilte den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und die GmbH, ca. € 480.000 an die Easy Software AG zu zahlen. Das Vorstandsmitglied verurteilte das Landgericht zu einer Zahlung in Höhe von ca. € 400.000. Nach Auffassung des Landgerichts veranlassten die Organmitglieder pflichtwidrig, dass die Easy Software AG eine Bürgschaft zur Absicherung einer Bankverbindlichkeit der GmbH übernahm und diese Bankverbindlichkeit in der Folge auch bezahlte, ohne dass die Easy Software AG zur Begleichung dieser fremden Verbindlichkeit verpflichtet oder berechtigt war. Die Berufung gegen das Urteil blieb ebenso erfolglos wie die von den Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde. Der BGH hat durch Beschluss vom 24. Juli 2018 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Das Urteil des Landgerichts Duisburg ist somit rechtskräftig und unanfechtbar.

    In dem zweiten Verfahren macht die Easy Software AG insbesondere Organhaftungsansprüche gegen ihren ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden in Höhe von ca. € 1,5 Mio. geltend. In dieser Höhe waren dem Aufsichtsratsvorsitzenden 2002/2003 Zahlungen zugeflossen, die er nach Auffassung der Easy Software AG nicht beanspruchen konnte. Das Landgericht Duisburg hatte der Klage 2016 umfassend stattgegeben. Nach Auffassung des Gerichts habe es der Aufsichtsratsvorsitzende pflichtwidrig und zum eigenen Vorteil unterlassen, Ansprüche der Easy Software AG gegen ehemalige Vorstandsmitglieder wegen der an ihn geleisteten Zahlungen rechtzeitig vor deren Verjährung geltend zu machen. Das OLG Düsseldorf hob auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil auf. Es begründete das zum einen mit der Verjährung etwaiger Ansprüche. Zum anderen sei der damalige Aufsichtsratsvorsitzende nicht verpflichtet gewesen, Haftungsansprüche gegen den damaligen Vorstand geltend zu machen, da dies einer Selbstbezichtigung gleichstehe; dazu sei niemand verpflichtet. Die Revision ließ das OLG Düsseldorf nicht zu. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Easy Software AG war erfolgreich. Der BGH ließ die Revision am 24. Juli 2018 zu. Bemerkenswerterweise entschied er auch umgehend in der Sache. Durch Urteil vom 18. September 2018 hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das OLG Düsseldorf zurück. Der BGH stellte in der zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmten Leitsatzentscheidung fest, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt seien. Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen einer Aktiengesellschaft gegen ein Aufsichtsratsmitglied wegen Verjährenlassens von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ein Vorstandsmitglied beginne mit dem Zeitpunkt der Verjährung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft gegen das Vorstandsmitglied. Der BGH stellte zudem – seine sog. ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung bestätigend – fest, dass ein Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit verpflichtet sei, Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder zu verfolgen. Dies gelte gerade auch dann, wenn die Anspruchsverfolgung mittelbar dazu führe, dass ein Aufsichtsratsmitglied sich hierdurch einer eignen Pflichtverletzung bezichtigen müsse. Die Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Überwachung und Schutz der Aktiengesellschaft gehe den Individualinteressen des Aufsichtsratsmitglieds vor.

    Gerade die Entscheidung vom 18. September 2018 zeigt deutlich, dass der BGH unverändert an seiner ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung festhält und eine strikte Durchsetzung von Ersatzansprüchen der Aktiengesellschaft verlangt. Davon dürfen Organmitglieder nur höchst ausnahmsweise abweichen dürfen.

    Dr. Thomas Heidel

    Jan Kleinertz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/19

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