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Haftung für Wirtschaftsprüfer-Testat
Gemäß einer jüngst ergangenen Entscheidung des BGH haftet ein Wirtschaftsprüfer grundsätzlich selbst dann für die Richtigkeit seines Testats in einem Anlageprospekt, wenn sich dieses auf einen überholten Stichtag bezieht und ein neuer bestätigter Jahresabschluss zu erwarten ist. Denn auch ein überholter Bestätigungsvermerk (Gesamturteil eines Abschlussprüfers nach Prüfung eines Jahresabschlusses) begründet beim Anleger zumindest das Vertrauen, dass die Anlage in dem bestätigten Umfang zu dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Mängel aufgewiesen hat, die zur Verweigerung oder Einschränkung des Testats hätten führen müssen.
Zu Beginn seiner Ausführungen macht der BGH in seinem Urteil vom 21.02.2013, Az.: III ZR 139/12, deutlich, dass für den Prospektinhalt zwar in erster Linie diejenigen einzustehen haben, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich seien. Dabei nennt er namentlich die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen, einschließlich der sogenannten "Hintermänner". Gleichzeitig hebt er aber auch hervor, dass zusätzlich auch diejenigen als Anspruchsgegner in Frage kommen, die aufgrund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung treten.
Auf den konkreten Fall bezogen führt er aus, dass auch das Jahresabschlusstestat eines Wirtschaftsprüfers seine Haftung als "Garant" für ihm zuzurechnende Prospektausgaben begründe, sofern seine entsprechende Tätigkeit nach außen erkennbar geworden sei. Dabei erfasse die tatsächliche Vermutung, dass es dem Anleger für seine Entscheidung auf die Richtigkeit aller wesentlichen Prospektangaben ankomme, die Angaben in einem veröffentlichten Wirtschaftsprüfertestat auch dann, wenn es sich auf einen abgelaufenen Stichtag beziehe. Denn ein solcher Bestätigungsvermerk begründe zumindest das Vertrauen, dass die Anlage in dem bestätigten Umfang zu dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Mängel aufgewiesen habe, die zur Verweigerung oder Einschränkung des Testats hätten führen müssen. Aber selbst dann, wenn bis zur Anlageentscheidung mit der zwischenzeitlichen Erstellung eines neuen Testats gerechnet werden könne, wirke dieses Vertrauen insoweit fort, als der Anleger nur mit einer seither eingetretenen Veränderung der Verhältnisse rechnen müsse, nicht aber damit, dass zu dem für den im Prospekt wiedergegebenen Bestätigungsvermerk maßgeblichen Prüfungszeitpunkt strukturelle Mängel der Anlage bestanden haben, die sich noch auswirkten.
Das Urteil des BGH macht erneut deutlich, dass einem geschädigten Anleger etwaige Schadensersatzansprüche nicht nur gegen die ihn beratende Bank oder die Gründer der Fondsgesellschaft zustehen können, sondern durchaus auch gegenüber anderen an dem Fonds Beteiligten. Im Falle eines Verlustes aufgrund einer Investition in eine Kapitalanlage sollten daher Schadensersatzansprüche nicht nur gegen die üblichen Verdächtigen geprüft werden, sondern stets auch das Zutun der sonstigen an der Fondskonstruktion und der Erstellung des Fondsprospekts Mitwirkenden mituntersucht werden.
Dr. H. Oesterle
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/13
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