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    Vorbeschäftigung: 15 Jahre sind kein sehr langer Zeitraum …

    Das Verbot einer sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrags im Falle einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber ist in verfassungskonformer Auslegung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) auszuschließen, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Dabei sind nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) 15 Jahre kein sehr langer Zeitraum.

    Dem Urteil des BAG vom 17.04.2019, Az. 7 AZR 323/17, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen den Parteien bestand vom 29.05.1997 bis zum 28.05.1999 ein Arbeitsverhältnis. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrags war der Arbeitnehmer als Produktionshelfer beschäftigt. Mit Wirkung zum 02.05.2014 stellte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer als Maschinenbediener ein. Die Einstellung erfolgt befristet nach § 14 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis begann am 02.05.2014 und sollte - nach dreimaliger Verlängerung - am 30.04.2016 wegen Auslaufen der Befristung enden. Der Arbeitnehmer klagte mit dem Argument, dass die Befristung wegen der Vorbeschäftigung unwirksam sei.

    Das ArbG Braunschweig hat die Klage abgewiesen. Das LAG Niedersachsen hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Das BAG hat die Entscheidung des LAG bestätigt. Der Wirksamkeit der Befristung stehe § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG entgegen, wonach die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe. Das erste im Jahr 1997 zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis stehe der Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung des zum 02.05.2014 begründeten Arbeitsverhältnisses entgegen, obwohl zwischen dem Ende des ersten und der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von mehr als drei Jahren lag. Das BAG hält damit nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.06.2018 (NZA 2018, Seite 774) nicht mehr an seiner früheren Rechtsprechung (z.B. NZA 2012, Seite 255) zum Dreijahreszeitraum fest. Dieses Verbot gelte jedoch nicht unbeschränkt. Das BVerfG verlange eine verfassungskonforme Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG.

    Ein Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber ist danach unzumutbar, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Der mit § 14 Abs. 2 TzBfG verfolgte Schutzzweck kann nach der Entscheidung des BVerfG in diesen Fällen das Verbot einer sachgrundlos befristeten Wiedereinstellung nicht rechtfertigen, soweit das legitime Interesse der Arbeitssuchenden an einer auch nur befristeten Beschäftigung dem ebenfalls legitimen Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeber entgegensteht. Das könne insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer war. So liege es nach Ansicht des BVerfG etwa bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergehe . Letztlich bedürfe es einer Würdigung des Einzelfalls. Dabei sollte die sachgrundlose Befristung bei der erneuten Einstellung eines Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber auf Ausnahmefälle beschränkt sein. Das wäre nicht gewährleistet, wenn dieselben Arbeitsvertragsparteien nach Ablauf von 15 Jahren erneut einen Arbeitsvertrag mit einer sachgrundlosen Befristung abschließen könnten. Da ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre umfasse, könnte ein Arbeitgeber jedenfalls drei sachgrundlos befristete Arbeitsverträge von jeweils zweijähriger Dauer mit demselben Arbeitnehmer – zu Beginn, in der Mitte und am Ende seines Erwerbslebens – schließen. Damit wäre die sachgrundlose Befristung nicht mehr die Ausnahme und das angestrebte Ziel einer langfristigen und dauerhaften Beschäftigung wäre gefährdet. Gegen die Annahme, in diesem Zusammenhang einen sehr langen Zeitraum bereits nach Ablauf von 15 Jahren anzunehmen, spreche auch, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung der Dauer der Kündigungsfristen in § 622 Abs. 2 BGB die längste Kündigungsfrist erst nach einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von 20 Jahren habe eingreifen lassen.

    Wann der Zeitraum „sehr lange“ ist, hat uns das BAG leider nicht verraten: 15 Jahre sind kein „sehr langer“ Zeitraum. In einer weiteren Entscheidung vom 21.08.2019, 7 AZR 452/17 entschied das BAG, dass 22 Jahre ausreichen, soweit keine weiteren Umstände zu berücksichtigen sind. Deshalb ist davon auszugehen, dass 20 Jahre das Minimum ist. Die weiteren Ausnahmefälle sind auch sehr vorsichtig anzuwenden, es erscheint nicht sicher, ob im Endeffekt jedes Arbeitsverhältnis vor oder im Rahmen eines Studiums unschädlich ist. Da die Rechtsfolge gravierend ist, sollte mit den Ausnahmefällen sehr sorgfältig umgegangen werden.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/20

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