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OLG Köln: Deutliche Stärkung des Besonderen Vertreters
Das OLG Köln hat in einem aktuellen Urteil die Position des Besonderen Vertreters und zugleich den Rechtsschutz der Aktionäre gegen Vermögensschädigungen ihrer Aktiengesellschaft gestärkt. Es bestätigte gegen gelegentlich in Literatur und Rechtsprechung vertretene Auffassungen, dass die Hauptversammlung die Geltendmachung von Ersatzansprüchen beschließen und einen Besonderen Vertreter bestellen kann, ohne dass ein Verdacht für das Bestehen der Ersatzansprüche nachzuweisen ist.
Hintergrund der Entscheidung (Urteil vom 9. März 2017, Az.: 18 U 19/16, Revision zugelassen) ist die Wahl von Herrn Dr. Thomas Heidel zum Besonderen Vertreter der STRABAG AG in Köln im Jahr 2015; gleichzeitig wählte die Hauptversammlung Herrn Dr. Daniel Lochner zum Ersatz-Vertreter. Ihre Aufgabe ist die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen der Strabag AG gegen ihre Mehrheitsaktionärin Strabag SE aus Österreich und deren Vorstandsmitglieder. Nach dem Hauptversammlungsbeschluss soll die STRABAG SE ihre deutsche Tochtergesellschaft in zahlreichen Einzelgeschäften geschädigt haben. Zentraler Vorwurf ist, dass die STRABAG SE zahlreiche ihr gehörende Beteiligungen an anderen Unternehmen einer gemeinsam mit der STRABAG AG gehaltenen Tochtergesellschaft (BHB Bauholding Beteiligungs AG) zu Kaufpreisen weit über dem tatsächlichen Wert der Beteiligungen veräußert haben soll und die STRABAG AG veranlasste, das mitzufinanzieren (vgl. dazu Newsletter Nr. 6/2015).
Die STRABAG SE klagte gegen den Hauptversammlungsbeschluss. Die erste Instanz (LG Köln, Urteil vom 14. Januar 2016, Aktenzeichen 91 O 31/15) hatte der Anfechtungsklage stattgegeben. Es begründete dies damit, dass die nach dem HV-Beschluss geltend zu machenden Ansprüche weder schlüssig noch im Beschluss konkret wahrscheinlich dargestellt seien. Hiergegen ging Dr. Heidel in die Berufung. Denn seine Position als Besonderer Vertreter stand und fiel mit der Wirksamkeit des HV-Beschlusses. Das OLG gab ihm nun Recht und bestätigte die Rechtmäßigkeit seiner Bestellung zum Besonderen Vertreter.
Nach dem OLG Köln stellt das Landgericht übersteigerte Anforderungen an die HV-Beschlüsse. Es genüge, dass der HV-Beschluss den angeblichen Tatbeitrag und die Pflichtverletzung derjenigen Personen umreißt, gegen die die Ersatzansprüche geltend zu machen sind; im Falle einer Klageerhebung durch den Besonderen Vertreter müsse feststehen, ob seine Klage mit den von der Hauptversammlung gemeinten Ansprüchen übereinstimmt. Weitergehende Anforderungen oder gar ein Verdacht für das Bestehen der Ansprüche sind nach dem OLG Köln nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut (§ 147 Aktiengesetz) nicht erforderlich. Die in der Hauptversammlung 2015 gefassten Beschlüsse halten nach dem OLG Köln diesen Anforderungen stand.
Das OLG Köln hatte in Sachen STRABAG bereits vor gut einem Jahr eine wegweisende Entscheidung zum Informationsrecht des Besonderen Vertreters gefällt (vgl. dazu Newsletter Nr. 12/2015). Sein aktuelles Urteil zur Bestimmtheit von HV-Beschlüssen wird dazu führen, dass sich solche Beschlüsse zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen zukünftig rechtssicherer fassen lassen. Das Rechtsinstitut des Besonderen Vertreters, das bis zum Aufsehen erregenden Fall HVB (Bayerische Hypo- und Vereinsbank) in der Rechtspraxis ein Schattendasein führte, gewinnt damit mehr und mehr feste Konturen zu Gunsten des Vermögensschutzes der Aktiengesellschaft.
Dr. Daniel Lochner / Moritz Beneke
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/17
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